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Überraschende Ergebnisse

Rätsel um Usedomer Flugzeugwrack gelöst

Peenemünde / Lesedauer: 3 min

Auf Usedom sind die Überreste eines Kampfflugzeuges geborgen worden. Experten rätselten, ob es im Zweiten Weltkrieg bei den Angriffen auf die Heeresversuchsanstalt Peenemünde beteiligt war.
Veröffentlicht:23.07.2019, 16:39

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Das Rätsel um die Überreste eines Flugzeuges, die am 11. Juli am Strand von Peenemünde auf Usedom geborgen worden waren, scheint gelöst. Nähere Untersuchungen der Wrackteile brachten überraschende Ergebnisse. Doch von vorne: Bereits im Frühjahr, bei Niedrigwasser, hatten Spaziergänger die Flugzeugteile rund 100 Meter vor der Küstenlinie entdeckt. Diese hatten teilweise zwei Meter tief im Sand gesteckt.

Kürzlich bargen dann Mitarbeiter des Munitionsbergungsdienstes und des Amtes Usedom Nord die Flugzeugteile in mühevoller Kleinarbeit und fachten damit die Spekulationen um Herkunft und Absturz neu an. Experten vermuteten laut Ostsee-Zeitung zunächst, dass das Kampfflugzeug vor 75 Jahren an den Angriffen auf die Nazi-Raketenschmiede in Peenemünde beteiligt gewesen sein könnte.

Im Norden der Insel Usedoms wurde während des Zweiten Weltkrieges unter anderem die sogenannte „Vergeltungswaffe” entwickelt und getestet, Peenemünde war daher Angriffsziel der Alliierten. Bei dem als „Operation Hydra” bezeichneten ersten und schwersten Angriff 1943 setzte die britische Luftwaffe fast 600 Bomber ein. Durch die Bomben starben rund 700 Menschen, darunter viele Zwangsarbeiter. Die deutsche Luftwaffe war mit einem Scheinangriff auf Berlin erfolgreich abgelenkt worden.

Auf dem Wrack war die Inschrift „Nahore” zu lesen

Dass das kürzlich aufgetauchte Wrack ein Zeugnis dieser Zeit war, hielt laut OZ zunächst auch Philipp Aumann, der Kurator des Historisch-Technischen Museums in Peenemünde für plausibel: „Die Fundstelle liegt genau in der Einflugschneise bei den Bombenangriffen auf Peenemünde.“ Und Matthias Schubert (91) aus Wismar sah als 15-jähriger Flak-Kanonier auf dem Ruden eine US-Maschine in die Ostsee stürzen. Die fehlende Lackierung hatte dann auch auf einen US- oder britischen Jäger hingedeutet. Dass es sich um ein deutsches Flugzeug dieser Zeit handelte, schien unwahrscheinlich.

Deutsch war es am Ende wohl tatsächlich nicht, allerdings auch nicht britisch oder aus den USA und ebenso wenig stammte es aus dem Zweiten Weltkrieg. Nach eingehender Untersuchung der Wrackteile kamen Hobbyhistoriker Manfred Kanetzki aus Karlshagen und Archivar Thomas Köhler vom Historisch-Technischen Museum Peenemünde zu dem Schluss, dass sie zu einer in der Sowjetunion hergestellten MiG-19PM gehört haben müssen. Ein Mitarbeiter des Munitionsbergungsdienstes hatte die beiden auch auf eine Inschrift aufmerksam gemacht. „Man konnte die Buchstaben ’NAHORE’ und einige Zahlen erkennen. ’Nahore’ ist ein tschechisches Wort und bedeutet ’oben’“, erklärte Kanetzki der OZ.

Gab es bereits einen anderen Bergungsversuch?

Doch wie kommen die tschechischen Trümmer nach Usedom? Kanetzki weiß, dass seit Mitte der 1960er Jahre östlich von Rügen das Schießen auf Luftziele geübt wurde. Dort hätten Jagdflieger der DDR, CSSR und der sowjetischen Luftarmee mit Raketen auf Leuchtbomben geschossen. Und so könnte es bei einer dieser Übungen zu einer Havarie gekommen sein, bei der das Flugzeug kurz vor der Küste des Peenemünder Sperrgebietes abstürzte.

Sonderbar findet er allerdings, „dass keiner von den einheimischen Armeeangehörigen etwas von dem Absturz und den folgenden Bergungsarbeiten mitbekam.” Die größten Flugzeugteile waren womöglich schon damals geborgen worden und nur die Teile zurückgeblieben, die man jetzt entdeckt hatte. Bernd Meyer vom Amt Usedom Nord sagte der OZ, dass ein abgerissenes Seil am Wrack hing. Womöglich gab es also schon einmal einen Bergungsversuch.