StartseiteRegionalUeckermünde▶ Mit dem Kamel durch Vorpommern bis nach Frankreich

Pilger-Trio

▶ Mit dem Kamel durch Vorpommern bis nach Frankreich

Luckow / Lesedauer: 4 min

Nicht nur die Polizei staunte bei diesem Anblick. Entlang der Route von Polen nach Frankreich kreuzt der Student Sebastien mit zwei guten Freunden die Region. Das Besondere daran: Einer der beiden Begleiter ist ein Kamel.
Veröffentlicht:02.07.2020, 04:42

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Da haben die Polizisten vom Ueckermünder Revier nicht schlecht gestaunt, als sie in der Nacht zum Montag wegen eines Kamels nach Luckow gerufen wurden. Weggelaufene Pferde oder ausgebrochene Rinder, das ist in Vorpommern zwar nicht die Regel, aber es kommt vor. Aber nun ein Kamel, das da mitten in Luckow friedlich graste.

Kamel statt Kleinwagen

Wie sich herausstellte, ist das Kamel eben nicht einfach nur eines von vielen, sondern „ein ganz besonderes Tier”, sagt Sebastien. Der 29-jährige Student aus Frankreich ist der Besitzer des Kamelhengstes, der auf den Namen Nassredin hört. „Sieben Jahre alt”, beantwortet der Franzose die Frage nach dem Alter des Tieres, und gekauft hat er den Vierbeiner für 5000 Euro. Eine ganz schön stolze Summe, für die man natürlich auch ein gebrauchtes Auto bekommt, mit dem man bequemer und schneller von A nach B gekommen wäre. Sicher, sagt der Franzose, das stimmt schon. Aber er hat anderes vor.

Französisch-polnische Kamel-Freundschaft

Gemeinsam mit der 21-jährigen  Alice Horczak, einer jungen Frau aus Polen, befindet sich der Franzose auf der Wanderschaft. Das erklärte er den Leuten, die sich staunend und wohl auch ein wenig abwartend beim Kamel in Luckow eingefunden hatten. Etwa 2000 Kilometer lang ist der Wanderweg, der die beiden Zweibeiner und das Kamel quer durch Europa führt. Von Polen aus, wo vor zwei Wochen das Abenteuer begann, geht es nach Frankreich – alles zu Fuß.

Das Beste, was einem auf solch einer Wanderung passieren kann: man hat gute Kameraden an seiner Seite. Ein solch treuer Begleiter ist Kamelhengst Nasreddin auf jeden Fall, versichert Sebastien. „Es ist eben nicht mein Auto, sondern mein Kompagnon, mein bester Freund für immer.”

Expertise für Wüstenschiffe

Damit dieser vierbeinige Kamerad die Wanderzeit auch gut übersteht, hat der Besitzer vor dem großen Sommertrip alles gelesen, was über Kamele zu finden war. Außerdem hat er ständig Kontakt zu einem Fachmann. Der kann, falls unterwegs etwas passieren sollte, per Handy helfen. Aber die beiden Wanderer hoffen, dass sich so ein Notfall nicht einstellt.

Schließlich ist das Ziel sehr sportlich, man muss ausdauernd sein, Zwangspausen sind da eher nicht eingeplant. Zwei Monate Zeit haben die Wanderer für ihre Tour eingeplant. Auf dem Handy zeigt Sebastien, dass die Route von Ost nach West immer an der Meeresküste entlangführt. Erst an der Ostsee. Von Lübeck nördlich an Hamburg vorbei ist es ein längeres Stück im Landesinneren, und dann geht es weiter an der Nordsee. Übrigens teilt der Franzose seine Liebe für Kamele mit anderen. Mit solchen Gleichgesinnten will er sich in Frankreich treffen – und dann auch seine Oma besuchen, wie er sagt.

Was isst so ein Tier zum Frühstück?

Doch bis dahin dauert es noch ein Weilchen. Erst muss kräftig gewandert werden. Unterkünfte für die Nacht gibt es. Entweder bei gastfreundlichen Leuten oder aber unter freiem Himmel im Zelt. Reisegeld ist vorhanden, genug, um Unterkunft und Verpflegung bezahlen zu können. Auch für den Kamelhengst natürlich. Wobei dessen Speisekarte etwas anders aussieht, wie Alice sagt. Am Morgen gibt es Frühstück, ganz klar, und für Nasreddin sind das Haferflocken und Zucker, das bringt Energie. Bananen, Karotten, Datteln mag Nasreddin übrigens besonders gern, und viele Streicheleinheiten für das Tier gibt es jeden Tag gratis dazu.

Aufsehen entlang der Route

Das alles erzählt der junge Franzose bei seinem Aufenthalt in Luckow. Dort sind Alice und Sebastien im Neubaublock untergekommen, und der Gastgeber hat das Kamel mit Stroh versorgt. Als der Nordkurier auf die beiden Reiselustigen und auf deren Geschichte wartete, kamen auch zwei kleine Mädchen aus Luckow und wollten sich das Kamel aus der Nähe anschauen.

„Soll ich fix mein Wörterbuch holen?”, fragte Mathilda, die ältere der beiden Schwestern. Sie eilte nach Hause und half beim Übersetzen. Für ein Erinnerungsfoto trauten sich Mathilda und Alma dann ganz dicht an den zahmen Hengst, der wenig später mit seinen zweibeinigen Freunden aufbrach, um die Reise fortzusetzen. Aufsehen erregte das Gespann dann den ganzen Tag, als es über Vogelsang, Bellin, Ueckermünde in Richtung Grambin weiterzog.