StartseiteRegionalUckermark▶Uckermärker baut riesige DDR-Lok nach (mit Video)

Schrott-Koloss

▶Uckermärker baut riesige DDR-Lok nach (mit Video)

Kummerow / Lesedauer: 4 min

2,3 Tonnen wiegt der Koloss, der im Hof von Lothar Schüler steht. Stück für Stück hat er die Teile vom Schrott geholt. Jetzt tourt er über Oldtimermärkte.
Veröffentlicht:24.09.2019, 12:43

Artikel teilen:

Dass sich Leute für Loks und Züge interessieren, ist so selten nicht. Auch in der Uckermark dürfte es etliche Menschen geben, die kleine Modellbahnanlagen bei sich zu Hause stehen haben. Auch Lothar Schüler hat ein Faible für die Bahn. Doch bei dem 71-Jährigen lautet die Devise: Nicht kleckern, sondern klotzen. Der Rentner gibt sich nämlich nicht mit Fahrzeugminiaturen zufrieden, sondern baut die Technik im 1:1-Maßstab nach. Mit seinem Premierenstück, einer 4,50 Meter langen Schmalspurlokomotive, zieht der Pensionär seit Jahren durch die Lande. 2000 Stunden Arbeit hat der Kummerower in den 2,3 Tonnen schweren Koloss investiert. Die Öffentlichkeit musste sich über ein Jahr lang gedulden, bis die „Bastelei” vorzeigbar war. Aber seitdem reißen die Anfragen nicht ab. Die Veranstalter von Oldtimermärkten haben ihn und seine Rarität gern dabei.

Auf Tieflader bugsiert

„So was gibt es vermutlich nicht ganz so häufig”, sagt der Vater eines erwachsenen Sohnes bescheiden. In ein paar Tagen wird der gelernte Baumaschinist das gute Stück wieder auf den Tieflader bugsieren. Dieser Spezialanhänger ist mit Schienen ausgestattet, ebenso die Rampe. Da es sich um ein rollfähiges Schaustück handelt, ist das Rauf- und Runterhieven leichter als gedacht, versichert der Bastler. Gefragt, woher er die Teile bekommen hat, verrät der Uckermärker, dass nach dem Mauerfall ganz viel DDR-Technik auf dem Schrott gelandet sei. Wie ein kleiner Hamster trug der Experte ein Stück nach dem anderen nach Hause. „Im Hinterkopf hatte ich immer, mal eine eigene Lok zu bauen.” Sein Glück war, dass er sich in Geduld üben konnte, denn irgendwann war nicht nur das Material beisammen, sondern auch genug Freizeit da für so ein riesiges Unterfangen.

Seine Frau habe ihn übrigens stets unterstützt, versichert Lothar Schüler schnell: „Wenn ich auf dem Hof am Werkeln war, konnte ich nicht auf andere dumme Ideen kommen”, fügt er schmunzelnd hinzu. Ihr sei 2010, als die erste Lok fertig war, vermutlich auch klar gewesen, dass das nicht das Ende ist, ergänzt der Eisenbahnfan. Sie sollte Recht behalten. Kürzlich erst zog er die letzte Schraube seiner Diesellok fest, die ist übrigens betriebsfähig, das heßt, fahrbereit und auch schon zu Vorführzwecken auf der Schiene gerollt.

Traum geplatzt

Wer weiß, ob Lothar Schüler noch genauso vernarrt in die Technik wäre, wenn nach der Schule sein Berufswunsch in Erfüllung gegangen wäre. „Ich wollte unbedingt Lokschlosser werden, immer mit dem Plan, später dann zum Lokführer aufzusteigen”, erinnert er sich zurück. Doch als die Berufsberater hörten, dass seine Eltern einen Bauernhof in die LPG eingebracht hatten und immer noch in der Landwirtschaft tätig waren, verordneten sie ihm kurzerhand eine bäuerliche Berufsperspektive. Das allerdings konnte sich der Schulabgänger überhaupt nicht vorstellen.

„Ich bin zwar gern Trecker gefahren und habe auch auf dem Feld ausgeholfen. Aber für immer – nee.” Sein Glück war, dass zu dieser Zeit große Wohnungsunternehmen im Raum Schwedt nach Azubis suchten. „Mir wurde eine Stelle als Bauschlosser angeboten. Ich griff zu. Den Vertrag füllten wir damals mit dem Bleistift aus”, blickt Lothar Schüler zurück. Warum, sollte er erst später erfahren.

Beruf geändert

Da hatte man nämlich das Wort Bauschlosser durch Baumaschinist ersetzt. Somit war seine „Karriere” besiegelt. Heute hadert der Uckermärker nicht mehr damit. „So ist das Leben halt gelaufen.” Aber nie vergessen wird er die Erlebnisse, die letztlich den Ausschlag für seine Bahn-Manie gaben. „In den 1950er Jahren haben wir immer Verwandte in Berlin besucht. Zu ihnen sind wir mit der Bahn gefahren. Und damals gab es ja nur Dampflokomotiven. Die haben mich fasziniert.” Als Jugendlicher habe er sich dann getraut, den Lokführer um eine Mitfahrt zu bitten. Irgendwann klappte es und er stand von Petershagen bis Casekow im Führerstand – „ein unbeschreibliches Gefühl.”

Wer die Lok in echt sehen möchte, kann zum Oldtimer- und Traktorentreffen am 3. Oktober ab 10 Uhr nach Damerow kommen.