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Hilferuf erhört

Schlübbergummi für mehr Solidarität

Schönermark / Lesedauer: 3 min

Die Coronakrise bringt auch gute Seiten zum Vorschein. Davon ist die Schönermarker Praxisinhaberin Jacqueline Vogelsang überzeugt.
Veröffentlicht:07.04.2020, 19:07

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Jacqueline Vogelsang ist ein durch und durch positiver Mensch. Die Physiotherapeutin gehört zu denen, die so schnell nichts umhaut. Obwohl in ihrem Leben nicht immer alles glatt ging, hat sich die 50-Jährige ihre Zuversicht bewahrt. Sie schiebt deshalb in der Coronakrise noch keine Panik. Ein bisschen Grund dafür hätte sie schon, schließlich sagen auch in ihrer Praxis in Schönermark mittlerweile fast 40 Prozent der Patienten ihre Termine ab beziehungsweise holen sich gar keine neuen Verordnungen mehr. „Sie gehen nicht mal mehr zum Arzt. Weil sie ängstlich sind oder zu absoluten Risikogruppen gehören. Das respektieren wir natürlich“, versichert die zweifache Mutter.

Sehr bedauerlich

Bedauerlich sei das trotzdem, nicht nur für sie, sondern vor allem auch für die zum Teil schwerkranken Menschen. Obwohl das Ganze auch für ihren kleinen Betrieb durchaus existenzbedrohende Ausmaße annehmen könnte, versucht die Firmenchefin, ruhig Blut zu bewahren. „Noch halten sich die Ausfälle ja im überschaubaren Rahmen“, resümiert die Geschäftsfrau nüchtern: „Und ob man sich jetzt verrückt macht oder nicht. Es ändert ja nichts. Es liegt nicht in unserer Hand, den Ausgang dieser Geschichte zu bestimmen.“

2016 eröffnet

Die Unternehmerin konstatiert nüchtern, dass sie bereits beim Bau ihrer neuen Praxis alle Eventualitäten einkalkuliert habe. Der 2016 in Betrieb genommene Neubau sei so errichtet worden, dass man es problemlos zu einer Alten- oder Demenz-WG umfunktionieren könnte, setzt die gebürtige Feldbergerin hinzu. „Ich hoffe zwar, dass es nicht so weit kommen muss. Aber es ist ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass es einen Ausweg gibt.“ Im Interesse ihrer langjährigen Mitarbeiter und natürlich der vielen Stammkunden wünscht sich Jacqueline Vogelsang aber, dass es mit der Physiotherapie in diesen Räumen weitergeht. Der Bedarf im ländlichen Raum sei da. Das habe sie seit ihrer Firmengründung im Jahr 2009 bestätigt bekommen. „Und die Menschen auf den Dörfern sind so dankbar, dass sie für ihre Termine eben nicht bis in die Stadt fahren beziehungsweise gebracht werden müssen.“ Diese Dankbarkeit erlebe ihr Team bis heute jeden Tag aufs Neue, stellt Jacqueline Vogelsang glücklich heraus.

Patientin hilft

Beredtes Beispiel dafür sei eine Behelfsmaskenaktion, die eine Patientin ins Leben gerufen habe. „Die hat schnell Fahrt aufgenommen“, erzählt die Firmenchefin lachend: „Denn als diese Dame uns sagte, dass ihr langsam das Material ausgeht, habe ich einen Hilferuf mit ungeahnten Folgen gestartet.“ Ihr WhatsApp-Status „Brauche Schlübbergummi und Bettlaken“ verselbstständigte sich im Nu. Stunden später schon trafen die ersten Lieferungen ein, berichtet die Selbstständige. „Das finde ich, ist das einzig Gute an dieser Krise. Die Leute rücken wieder zusammen, zeigen sich solidarisch.“ Bei ihr läuft man damit ohnehin offene Türen ein, wie sie versichert: „Meine Praxis ist als schon lange als Sammelpunkt für so etwas bekannt“, räumt sie schmunzelnd ein, während eine ihrer Kolleginnen gerade die gesammelten Zeitungen für eine Patientin aus dem Lager holt: „Wenn man helfen kann, sollte man es tun. Mit kleinen Dingen fängt es doch an.“