StartseiteRegionalUckermarkKrebspatientin kämpft sich zurück ins Leben

Mammakarzinom besiegt

Krebspatientin kämpft sich zurück ins Leben

Prenzlau / Lesedauer: 6 min

69.000 Mal im Jahr stellen Ärzte in Deutschland die Diagnose „Mammakarzinom“, Tausende Frauen sterben jährlich. Nancy Klaka aus Prenzlau hat überlebt.
Veröffentlicht:03.02.2020, 12:47

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Nancy Klaka ist in den vergangenen 24 Monaten durch die Hölle gegangen. Das Drama begann im Januar 2018 mit einem Frauenarztbesuch. Der Gynäkologe ertaste damals einen Knoten in ihrer linken Brust. Weitere Untersuchungen bestätigten seinen schlimmen Verdacht. Die Prenzlauerin war an Brustkrebs erkrankt. Der Befund versetzte nicht nur ihr selbst einen furchtbaren Schock, sondern ließ auch das Leben der beiden Töchter der Alleinerziehenden aus den Fugen geraten. Lisa (21) und Iris (15) kamen aus Sorge um ihre Mama kaum noch in den Schlaf. Doch die drei Klaka-Frauen rappelten sich wieder auf. Die 49-jährige Patientin ertrug tapfer alle nötigen Therapien. OP, Chemo – sie bekam das volle Programm und jammerte nicht (laut).

Unheilvolle Wende

Nicht jede Behandlung steckte die Restaurantfachfrau unbeschadet weg. Aber wann immer sie umzukippen drohte, war ihre Familie für die Kreisstädterin da. Zwei Jahre nach der unheilvollen Wende in ihrem Leben ist Nancy Klaka nun schon zuversichtlich, was die Heilung anbelangt. Die Ärzte machen ihr Mut, dass der Krebs überstanden ist.

„Ich selbst glaube das auch, wenn ich tief in mich reinhöre“, erzählt sie im Interview mit dem Uckermark Kurier. Im September 2018 hing sie zum letzten Mal am Chemo-Tropf. Es folgte eine mehrwöchige Reha-Kur. Seitdem drehen sich ihre Gedanken nun schon seltener um den fiesen Krebs, den ihre älteste Tochter in der Anfangszeit zornig Herbert getauft hatte. Bange Stunden durchlebt sie seitdem immer nur, wenn die vierteljährlichen Kontrolluntersuchungen anstehen. Dann schläft sie vorher schlecht und kämpft gegen trübe Gedanken an. „Aber bis jetzt ist alles gut. Es sieht so aus, als ob wir gewonnen hätten“, verrät die Prenzlauerin freudestrahlend.

In die Gastronomie konnte sie nicht mehr

Es sei daher an der Zeit gewesen, sich auch mit dem weiteren beruflichen Werdegang auseinandersetzen, erzählt sie weiter. Denn wieder zurück in die Gastronomie, diese Idee hätten die Ärzte verworfen. Noch während der Krankschreibung versuchte sie es zwar im Februar 2019 über das Hamburger Modell in ihrem alten Betrieb. Doch nach drei Stunden treppauf, treppab strich die zweifache Mutter kurzentschlossen die Segel. „Ich konnte nicht mehr.“ Sie zog die Notbremse, um nicht wieder in alte Muster zu verfallen, die ihre Genesung in Gefahr gebracht hätten. Die Firma versuchte es danach mit einer Umsetzung an die Rezeption. „Doch dieser Job wäre nicht von Dauer gewesen. Es musste also etwas Neues her.“

Nancy Klaka setzte sich mit ihren Reha-Beratern und dem Rentenversicherungsträger in Verbindung und versicherte dort, dass sie für alles Neue offen sei. 14 Tage lang fuhr sie zum Berufsförderungswerk nach Mühlenbeck, wo gecheckt wurde, welche Voraussetzungen sie mitbringt und welche Entwicklung denkbar wäre. „Dort angetreten bin ich mit der Idee, Erzieherin zu werden oder etwas im Büro zu machen“, erinnert sich Nancy Klaka zurück. Am Ende der Tests und Gespräche stand dann aber Steuerfachangestellte auf ihrem Papier. Kurz darauf bot sich die Chance, in dieser Branche in eine betriebliche Ausbildung einzusteigen.

Prenzlauer Büro

„Damit waren die Würfel gefallen. Ich stellte mich darauf ein, gemeinsam mit meiner jüngsten Tochter, die gerade in der zehnten Klasse ist, wieder die Schulbank zu drücken.“ Tags darauf steckte sie sechs Bewerbungsbriefe in den Kasten. Die gingen nach Schwedt, Templin und Prenzlau. Drei Unternehmen luden sie letztlich zu Gesprächen ein. Am Ende fiel die Entscheidung für ein Prenzlauer Büro. „Seitdem bin ich Umschülerin“, erzählt Nancy Klaka stolz. Mit zwei weiteren älteren Frauen sitzt sie nun in einer Klasse voller junger Azubis. Zum Lebensabschnitt gehören regelmäßige Aufenthalte in einem Internat.

Wenn die Prenzlauerin unter der Woche bei den anderen Lehrlingen in Neuruppin nächtigt, passt eine Freundin auf ihre jüngste Tochter auf. „Sie allein zu Hause zu lassen, wäre keine Option gewesen. Das hätte ich noch nicht übers Herz gebracht.“ Dank der breiten Unterstützung durch Familie und Freundeskreis kann sie das Projekt Neuanfang aber stemmen. Dafür ist Nancy Klaka sehr dankbar. Weil sie es sich und allen anderen beweisen will, büffelt die 49-Jährige wie verrückt. „Das erste Halbjahreszeugnis war schon ganz ordentlich“, stapelt sie bewusst tief: „Nein, im Ernst, meine Kinder sind superstolz auf ihre Mama, die gute Noten mit nach Hause bringt.“ Nur bei Englisch hapere es. „Wann habe ich das auch zum letzten Mal gehabt...“ Aber bei der Fremdsprache bekommt sie viel Hilfe von ihren jungen Klassenkameraden. Im Internat wird sie bereits liebevoll „Mutti“ genannt, und einer Mutti greift man gern unter die Arme. „Glück habe ich auch mit meinem Ausbildungsbetrieb“, spart Nancy Klaka nicht mit Lob. Die Kollegen seien jederzeit bereit, ihr etwas zu erklären oder bei der Erledigung einer Aufgabe zu helfen.

Feind besiegt

Hätte ihr nach der Diagnose vor zwei Jahren jemand prophezeit, dass ihr Leben noch einmal diese Wende nimmt – sie hätte ihn ausgelacht. „Damals dachte ich ja, alles ist zu Ende.“ Zum Glück habe sie sich nicht aufgegeben, setzt sie leise hinzu: „Der Gedanke, dass meine Töchter allein zurückbleiben, hat mir Kraft gegeben, es mit Feind Herbert aufzunehmen.“ Dass sie dem Uckermark Kurier nach dem ersten Bericht über die Diagnose erneut ein Interview gegeben hat, begründet die sympathische Frau wie folgt: „Tag für Tag erhalten Menschen so schlimme Nachrichten von ihrem Arzt. Für die meisten bricht vermutlich eine Welt zusammen. Und alle haben sicher riesige Angst, dass sie es nicht überleben. Aber gerade bei Brustkrebs ist die Medizin schon weit. Viele Patientinnen gehen geheilt nach Hause. Das sollte man sich in angstvollen Momenten vor Augen halten.“ Und noch eine Sache möchte sie den Lesern sagen: „Zögern Sie nicht, zum Arzt zu gehen, wenn Ihnen an Ihrem Körper etwas komisch vorkommt. Früherkennung ist bei Krebs das A und O und erhöht die Chance, zu überleben.“ Zwei Jahre nach dem Befund hat Nancy Klaka übrigens wieder mit dem Tanzen angefangen. Ihre Zumba-Truppe in Prenzlau hatte sie nämlich sehr vermisst. Man kann sich vorstellen, wie groß der Jubel war, als sie dort vor ein paar Tagen erstmals wieder durch die Studio-Tür kam.