StartseiteRegionalUckermarkHier wächst knackiges Gemüse für die Prenzlauer „Tafel“

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Hier wächst knackiges Gemüse für die Prenzlauer „Tafel“

Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Viola Strauß betreut in einem einjährigen „Lebenstraining“ Langzeitarbeitslose der Region. Sie gärtnern in Prenzlau aber nicht nur zum Selbstzweck.
Veröffentlicht:17.09.2020, 13:54

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Pflanzen, jäten, graben, gießen – Im Arbeitsalltag von Viola Strauß dreht sich seit ein paar Jahren alles ums Gärtnern. Genauer gesagt um einen Lehr- und Tafelgarten in der Prenzlauer Franz-Wienholz-Straße, für den die 55-Jährige Verantwortung trägt. Als Projektleiterin der Ländlichen Arbeitsförderung Prenzlau (LAFP) ist sie aktuell wieder für mehr als ein Dutzend schwer vermittelbare Landzeitarbeitslose zuständig, welche die diplomierte Landwirtin im Rahmen einer einjährigen Maßnahme betreut. Ihre bisherigen Schützlinge – 15 Frauen und Männer – waren Ende Juli in die Erwerbslosigkeit zurückgekehrt. Nur wenigen gelinge der Absprung, resümiert die Chefin ehrlich. Im Fachterminus heißt das von ihr geleitete Vorhaben „Lebenstraining im Rahmen der sozialen Daseinsfürsorge“.

1,20 Euro pro Stunde

„Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Anbau von Obst und Gemüse, welches für die „Prenzlauer Tafel“ bestimmt ist“, erzählt die Carmzowerin. Die Teilnehmer, die vom Jobcenter zugewiesen werden und sich hier 1,20 Euro pro Stunde dazu verdienen dürfen, bereiten den Garten zur Aussaat vor, legen Beete an, jäten Unkraut, gießen und ernten. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem Jahr war das Köpfen von Weiden zur Holzgewinnung für einen eigenen Bauwagen. „Hier konnten sich einige Teilnehmer sogar am Holzhauen und Stapeln versuchen“, erzählt Viola Strauß: „Das war eine willkommene Abwechslung zum harten Gartenalltag.“ Jedes Jahr wiederkehrend gehörten auch der Trockenrasenschnitt und die Totholzbeseitigung in Zusammenarbeit mit der Naturwacht zu den Aufgaben ihres Teams, setzt sie hinzu.

Coronakrise

Große Schwierigkeiten habe es im Frühjahr durch die Coronakrise gegeben, blickt die Ex-Bäuerin zurück: „Die Ostervorbereitungen waren somit nicht möglich, und auch das gemeinsame Frühstücken entfiel. Die Neugestaltung der Gewächshäuser war ohne die Teilnehmer ebenfalls nicht möglich, das wurde aufs nächste Jahr verschoben.“ Mehrere Wochen lang war die Chefin selbst Alleinkämpferin in dem großen Garten. „Die Pflanzenvorzucht erfolgte in Eigenregie. Und auch die Aussaat“, blickt sie zurück. Bis auf den ständig gehaltenen Telefonkontakt war das Lebenstraining dieses Durchgangs also wenig gewinnbringend für die Teilnehmer.

Positive Entwicklungen erkennbar

Dabei hat Viola Strauß einen großen Anspruch an ihr Wirken für die Langzeitarbeitslosen: Die Gestaltung des Alltags, die Entwicklung zur Eigenständigkeit und die gegenseitige praktische Hilfe haben einen hohen Stellenwert. Gemeinsame Unternehmungen, wie beispielsweise der Besuch des Kaufhauses für Bedürftige, Frühstücksrunden und Grillfeste, sollen die Gemeinschaft stärken und Anregungen für die Teilnehmer schaffen. „Bei vielen war eine positive Entwicklung zu erkennen“, schätzt Viola Strauß ein: „Aber auch hier sorgte die Coronakrise für Rückschläge.“

Absprung geglückt

Auch der ständige Wechsel der Teilnehmer habe immer wieder für Störungen in der Gruppe gesorgt, da den Neuen oft mit Vorurteilen und Skepsis entgegen getreten worden sei. Lediglich einer Frau sei im Anschluss der Absprung in den ersten Arbeitsmarkt geglückt. Eine Zweite hat sich für den Bundesfreiwilligendienst verpflichtet. „Ich hoffe natürlich, dass wir auch den anderen Anregungen für ihren weiteren persönlichen und beruflichen Werdegang geben konnten“, sagt die LAFP-Mitarbeiterin, wohlwissend, dass die aktuelle Truppe aufgrund des hohen Altersdurchschnitts eher auf vorzeitigen Rentenbeginn hofft. So, wie die 62-jährige Elli Fischer, die zu denen gehört, die die Arbeit im Garten lieben. Auch die spätere Verarbeitung der Ernteprodukte macht der Prenzlauerin Spaß.