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Valentinstag

Für die Liebe den Chefposten geopfert

Prenzlau / Lesedauer: 5 min

Sie war Geschäftsführerin eines großen uckermärkischen Wohlfahrtsverbandes, als ein Mann aus Thüringen ihr Privatleben durcheinander brachte.
Veröffentlicht:12.02.2020, 14:19

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Carmen Ecke erinnert sich noch genau an die erste Begegnung mit ihrem heutigen Mann. Sie hieß damals noch Carmen Drath und stand als Geschäftsführerin einem der größten Wohlfahrtsverbände der Uckermark vor. In dieser Funktion „befehligte” sie Dutzende Mitarbeiter und brachte über Jahre unzählige gemeinnützige Projekte ins Rollen. Zeit fürs Privatleben blieb da wenig, erinnert sich die heute 61-Jährige zurück. Die meisten Kontakte entwickelten sich über die berufliche Ebene. So auch der zu Matthias Ecke, dessen Nachnamen sie heute trägt.

Dieser war am 23. September 2008 aus Thüringen angereist, um hier seine Erfahrungen als erster hauptamtlicher Vorstand eines DRK-Verbandes mitzuteilen. Dass in 520 Kilometern Entfernung seine spätere Frau auf ihn wartete, ahnte er selbstverständlich noch nicht. Der erste Kontakt blieb dann auch noch betont förmlich und war von Sachthemen bestimmt. Obwohl Carmen Ecke heute lachend eingesteht, schon vom ersten Moment an hin und weg gewesen zu sein. Sie gibt zu, bereits vor dem ersten Zusammentreffen in den sozialen Medien nach Fotos von ihm gesucht zu haben. Auch er habe zuvor einen Blick riskiert, räumt er im Februar 2020 ein.

Viel Charme

Nicht mehr, schließlich war er – anders als die Amtskollegin aus Prenzlau – noch in festen Händen. Doch bereits die erste Begegnung hatte Potenzial für mehr, bestätigen beide. Obwohl Carmen Ecke zunächst ein wenig angefressen war, weil ihr Gesprächspartner mit einer Riesenverspätung eintraf „und ich vor Hunger fast gestorben bin.” Beim späteren Eisessen in der „Oase” habe er das aber durch Charme wettgemacht, verrät sie schmunzelnd: „Irgendwie war es so, wie es immer sein sollte.” Es dauerte dann trotzdem noch anderthalb Jahre, bis aus den beiden ein Paar wurde. Im April 2010 traf sich das spätere Ehepaar auf neutralem Boden in Potsdam, um auszuloten, wie das neue Wir aussehen könnte.

Lange gehadert

„Ich hätte ihn schon damals gleich heiraten können”, sagt Carmen Ecke im Gespräch mit dem Uckermark Kurier. Auch er nahm die Sache fortan ernst und legte klaglos Wochenende für Wochenende die 520 Kilometer von seinem Wohnort Eisenach zu ihr nach Steinfurth bei Prenzlau zurück. Doch die Pendelei stresste. „Irgendwann war klar, dass wir Tatsachen schaffen müssen”, erinnert sich Carmen Ecke zurück. Aber wie die aussehen sollten, wussten sie lange Zeit nicht. Die Vorstellung, ihr „Baby”, das DRK Uckermark West, zu verlassen, schien absurd.

„Du kannst doch nicht aufhören, hier zu arbeiten” – das schoss der damaligen Mittfünfzigerin immer wieder durch den Kopf. Die zweifache Mutter tat sich schwer mit einer Entscheidung. Kein Wunder, hatte sie den Wohlfahrtsverband doch seit der Wende mit aufgebaut. All ihre Zeit und Kraft waren dorthin geflossen. „Da geht man nicht einfach so weg”, sinniert sie weiter. Hinzu kamen die Risiken eines Umzugs, die sich vor ihrem inneren Auge auftaten. „Bis dahin kannten wir uns ja nur von den Wochenenden. Was wäre gewesen, wenn der Alltag das Aus gebracht hätte?” – auch solche Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Doch Matthias Ecke gab nicht auf. Er wurde nicht müde, ihr zu versichern, dass so eine späte Liebe gelingen kann. Auch oder vielleicht gerade ohne die Distanz, die Fremdbleiben befördert.

Tochter spricht Machtwort

Am Ende war es ihre 40-jährige Tochter, die ein Machtwort sprach. „Mama, mach das jetzt!” – diese Handlungsaufforderung nahm die langjährige Geschäftsführerin ernst. Doch bevor die Umzugskoffer gepackt wurden, gab es erst noch ein romantisches „Ja, ich will” im Hochzeitsschloss Rattey. Erst zwei Tage später, am 10. August 2016, rollte der Lkw mit ihren Möbeln gen Süden. Dreieinhalb Jahre später resümiert Carmen Ecke zufrieden, dass das die richtige Entscheidung war. Auch ihren damaligen Entschluss, sich nicht mehr nach einer neuen Anstellung umzuschauen, sondern als Hausfrau und Hobbybäckerin/-gärtnerin zu Hause zu bleiben, bereut sie nicht.

„Ich war an diesem Punkt vermutlich ausgepowert von den Jahrzehnten meines bisherigen Berufslebens. Nie hatte ich mich geschont oder im Job auf die Uhr geschaut. Immer und überall war das DRK an erster Stelle gewesen. Sie können vielleicht nachvollziehen, wie schön es plötzlich war, nur noch selbst über mich verfügen zu können. Plötzlich schrieb mir nichts und niemand mehr meinen Terminplan vor. Das war ein erlösender Moment.”

Neues Haus gebaut

An dieser Grundzufriedenheit hat sich nichts geändert. Denn Langeweile gibt es nicht in ihrem Leben. Aktuell baut das Paar gerade ein neues Haus. Da passt es gut, dass Ehemann Matthias ab April 2020 über ein Vorruhestandsmodell ebenfalls daheim ist. „Viele haben mich ja vor dem Moment gewarnt, an dem er nicht mehr zur Arbeit geht. Aber ganz ehrlich: Davor habe ich keine Angst. Wir sind nach zehn Jahren immer noch sehr verliebt und genießen jeden Moment der Zweisamkeit. Wir werden uns nicht über werden.” Auch in Prenzlau freut sich jemand sehr über das späte Glück. Die 88-jährige Mama von Carmen Ecke wohnt nämlich noch hier.