StartseiteRegionalUckermark▶ Das ist die neue „Lappen weg“-Strecke auf der A11 (mit Video)

Tempolimit

▶ Das ist die neue „Lappen weg“-Strecke auf der A11 (mit Video)

Uckermark / Lesedauer: 4 min

Mit Tempo 100 durch die Baustelle – keine gute Idee. Nach mehreren Unfällen hinterm Kreuz Uckermark werden die Geschwindigkeitskontrollen forciert.
Veröffentlicht:31.01.2020, 13:52

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„Hier gilt eigentlich Tempo 40”, sagt Sven Seelandt und tritt dann vorsichtshalber doch noch einen Schritt dichter an seinen Dienstwagen heran. Obwohl der Vizechef der Autobahnmeisterei Gramzow mit Warnweste und eingeschaltetem Blinklicht in der Baustelle steht, rasen die Fahrzeuge gefährlich nah an ihm vorbei. Der Wochenendverkehr hat an diesem Freitag noch gar nicht richtig begonnen, da reißt die Kolonne in Richtung Polen schon nicht mehr ab. In der Gegenrichtung sieht es ähnlich aus.

Es rollen zumeist Lkw über den grenznahen Abschnitt der A11 – das neue Amazon-Lager direkt hinter der Grenze macht sich zunehmend bemerkbar. Aber auch der im Aufschwung befindliche Tourismus an der polnischen Ostsee schlägt sich auf der Autobahn nieder. „Früher hätte man hier einen Landweg einrichten können”, scherzt Sven Seelandt im Gespräch mit dem Uckermark Kurier. Doch seit ein paar Jahren explodiere der Verkehr in diesem Abschnitt förmlich, ergänzt der Experte.

Bis zum dritten Quartal

Umso dringlicher sei der zeitnahe Abschluss der Bauarbeiten zwischen Kreuz Uckermark und Schmölln, setzt der Prenzlauer hinzu. Im vergangenen Jahr waren die Firmen aufgrund etlicher Widrigkeiten beim grundhaften Ausbau nur von Wollin bis Höhe Ziegeleisee gekommen. Der Rest soll nun spätestens im dritten Quartal fertiggestellt werden. Aktuell sind zwei neue Baufelder eingerichtet worden, in jeder Richtungsfahrbahn eins.

Es entstehen parallel zwei Brückenbauwerke und zwei Parkplätze mit WC-Anlagen. Der Verkehr wird auf jeweils nur einem Fahrstreifen schlängelnd hindurchgeführt. Dadurch ergibt sich aufgrund der Enge eine anspruchsvolle Verkehrssituation, mahnt Sven Seelandt. Er hat noch immer die beiden schwereren Unfälle vor Augen, die sich hier im vergangenen Jahr aufgrund nichtangepasster Geschwindigkeit ereignet hatten. Zuerst war ein Lkw ins Baufeld gesteuert und dort umgekippt. „Das zog damals eine 24-stündige Vollsperrung der Autobahn nach sich”, erinnert sich der Tiefbau-Techniker zurück. Kurz vor Weihnachten kam dann noch einmal ein Bus von der Fahrbahn ab und brachte den Ferienverkehr komplett zum Erliegen.

Rückswärts rausfahren

Die kleineren Crashs und Liegenbleiber in der Baustelle hat Sven Seelandt schon aufgehört zu zählen. „In unserer Zuständigkeit liegt es, bei Unfällen und Havarien den Verkehr schnell wieder zum Fließen zu bringen”, stellt der stellvertretende Autobahnmeister klar. Bei Pkws gelinge es manchmal, sie rückwärts aus dem Stauende rausfahren zu lassen. „Steht ein Lkw dazwischen, fällt diese Variante aus”.

Auch die Heranführung der Rettungskräfte sei in solchen Situationen immens schwierig, zeigt Seelandt auf. Im neuen Bauabschnitt haben die Verantwortlichen deshalb darauf gedrungen, alle tausend Meter Notöffnungstore zu installieren, die ohne Technik betätigt werden können. Die Fahrstreifen sind zudem durch eine Schutzwand voneinander getrennt. „Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer hat oberste Priorität”, betont der Vize-Chef. Im Gegenzug erwarte man sich von den Kraftfahrern aber auch, dass sie die Tempolimits, die hundertprozentig ihre Berechtigung hätten, einzuhalten.

Nicht nur die im gesamten Bereich vorgeschriebenen 60 km/h, sondern vor allem die Tempo 40 im sogenannten Verschwenkbereich zwischen den Baufeldern, stellt der stellvertretende Autobahnmeister heraus. „Dort kommt man nämlich schneller ins Kippen, als man denkt – mit unvorhersehbaren Folgen”, warnt Seelandt.

Mehr Kontrollen

Die bisherigen Kontrollen hätten aber gezeigt, dass die Gefahr von vielen unterschätzt wird. Es wird gerast, was das Zeug hält. „Nach den zwei schweren Unfällen in diesem Bereich sind die Geschwindigkeitskontrollen nun aber verstärkt worden.” Aus Gesprächen mit der Polizei weiß der Verantwortliche, dass Übertretungen von 20 km/h und mehr absolut keine Ausnahme sind. Dieser Abschnitt der A11 dürfte sich in den nächsten Monaten somit zur „Lappen weg”-Strecke mausern. Denn mit dem Ferienbeginn sollen die Messungen weiter forciert werden. „Ich bin absolut dafür”, resümiert Sven Seelandt, der die Überwachung auch im Interesse seiner 40 Straßenwärter sowie der zahlreichen Bauleute externer Firmen für absolut wichtig und gerechtfertigt hält.