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Berufswechsel

Brüssower Ingenieur schmeißt Job für rote Badehose hin

Brüssow / Lesedauer: 3 min

Jens Fischbach hat sich am Brüssower See einen Lebenstraum erfüllt. Der 52-Jährige kündigte, um in seinem Heimatort Rettungsschwimmer zu werden.
Veröffentlicht:03.07.2020, 18:07

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Vor einem Jahr um diese Zeit hockte Jens Fischbach noch am Schreibtisch und plante ökologische Haustechnik. Als Ingenieur stand sich der 52-Jährige beruflich nichts aus. Aber in ihm keimte der Wunsch, sich zu verändern. Immer öfter dachte der Uckermärker wehmütig an seine unbeschwerte Jugend zurück. Er hatte viele Jahre in der Freizeit für die Sicherheit von Badegästen gesorgt. „Das konnte ich mir wieder vorstellen für meine Zukunft”, erzählt der Brüssower. Wenig später entschied der Heizung-Sanitär-Experte, einen Schlussstrich unter den alten Job zu ziehen. Den Neustart erfüllte er sich mit einer Stelle als Rettungsschwimmer in der Badeanstalt seines Heimatortes. Alle notwendigen Qualifikationen dafür hatte er im Winter bereits aufgefrischt. Als der Uckermark Kurier am Donnerstag zum Fototermin vorbei schaute, saß Jens Fischbach gerade neben seinem Chef und besprach die diesjährige Muschelplage. Schwimmmeister Andreas Herklotz zufolge seien die Muscheln der Tribut für die Sauberkeit.

Gute Qualität

Seit man vor rund zehn Jahren in die Sanierung des Sees viel Geld gesteckt habe, sei die Wasserqualität um ein Vielfaches besser geworden – „jetzt kann man bis zwei Meter tief gucken”. Als Begleiterscheinung treten aber vermehrt Muscheln auf, die die beiden Männer Morgen für Morgen aus dem Uferbereich sammeln müssen, damit sich niemand verletzt. Ab 11 Uhr heißt es täglich den Sand checken, auch den ein oder anderen Krebs holen sie bei dieser Gelegenheit heraus.

Andreas Herklotz ist anzumerken, wie sehr er sich freut, dass Jens Fischbach den See schon als den „seinen” sieht.

Der Nachfolger

„Ich habe hier meine 22. Saison, für mich fühlt sich das wie mein Lebenswerk an. Da möchte ich natürlich, dass es der Richtige fortführt, wenn ich mal in Rente gehe”, betont der 63-jährige Badleiter. Jens Fischbach hätte nichts dagegen, als Nachfolger gehandelt zu werden, wie er sagt: „Das ist genau das, was ich mir vorgestellt habe.” Praktischerweise wohne er genau am gegenüberliegenden Ufer, ergänzt der Neue lachend: „Wenn ich will, kann ich also zur Arbeit schwimmen.” Dass mit der Schließung des benachbarten Klockower Bades in diesem Jahr in Brüssow vermutlich noch mehr Gäste zu erwarten sind, schreckt ihn nicht.

Viel Fahrerei

Andreas Herklotz bedauert das zwar insofern, als dass die Anlage in Klockow ebenfalls wunderschön sei und viele Fans habe. „Aber die Technik ist veraltet, und es fehlt das Personal. Im letzten Jahr musste ich als Schwimmmeister beide Bäder betreuen, was eine unglaubliche Fahrerei und Stress nach sich zog. Das wäre nicht mehr länger gut gegangen”, ist sich der Chef bewusst. Zumal ihn im Jahr zuvor ein unerkannter Zeckenbiss böse ausgeknockt hatte und er erst langsam wieder auf die Beine gekommen war. „Man ist ja nicht mehr der Jüngste”, kokettiert Andreas Herklotz mit dem Alter: „Die Ärzte hatten anfangs sogar auf einen Schlaganfall getippt, weil ich Lähmungserscheinungen hatte.” Zum Glück ist das überstanden. Am Uferrand sieht man dem sonnengebräunten Leiter seine Jahre nicht an: „Wir sind bereit für die Besucher.”