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Bußgelder

Blitzer-Urteil verschafft Autofahrern mehr Rechte

Neubrandenbug / Lesedauer: 2 min

Ob Bußgeldbescheide nachprüfbar sind, wird immer mehr zum juristischen Streitthema. Auch in MV und der Uckermark sind Betroffene hellhörig geworden. Die Behörden rüsten derweil auf.
Veröffentlicht:12.02.2020, 07:32

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Im juristischen Tauziehen um die Verwertbarkeit von Tempomessungen kommt Tempo auf. Der Verfassungsgerichtshof von Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass Autofahrer, die gegen einen Bußgeldbescheid vorgehen wollen, Einblick in die Messreihen und Bedienungshandbücher der verwendeten Blitzer bekommen müssten. Angesichts der unterschiedlichen Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte müsse der Fall dem Bundesgerichtshof (BGH) vorgelegt werden, so die Richter in ihrem jetzt veröffentlichen Urteil. Eine BGH-Entscheidung hätte bundesweit Bedeutung.

Ein solcher Spruch könnte auch ertappten Temposündern neuen Rückenwind geben, die in der Region gegen verhängte Geldstrafen vorgehen. Wie eine Nordkurier-Umfrage bei den Behörden ergab, haben in der Seenplatte, in Vorpommern-Greifswald sowie in Neubrandenburg in den vergangenen Wochen zahlreiche Autofahrer sicherheitshalber Einsprüche erhoben, in denen sie die Nachprüfbarkeit von Messdaten angezweifelt haben. Damit nehmen sie Bezug auf ein Urteil des Saarländischen Verfassungsgericht vom Sommer, das diese Forderung unterstützt hatte. Der Spruch gilt bisher allerdings nur für das Saarland. Auch in der Uckermark gehen Autofahrer gegen Bußgeldbescheide vor.

Es geht um Millionen: Bußgelder von Temposündern gehören zu den wichtigen Einnahmequellen von Landkreisen und Städten. In ganz Mecklenburg-Vorpommern belief sich der kassierte Betrag im vergangenen Jahr auf rund 20 Millionen Euro, in der Uckermark kamen rund 480.000 Euro zusammen. Tendenz steigend, denn die Behörden rüsten auf. So wurde in der Uckermark ein zweiter Messwagen angeschafft. Vorpommern-Greifswald baute einen weiteren stationären Blitzer auf. Am gefährlichsten für Temposünder ist die Seenplatte mit 19 festen Radaranlagen.

Zum Einsatz kommen überall Geräte der Firmen Jenoptik und Vitronic, die in der Vergangenheit teilweise ins Gerede gekommen sind. So hatten die Verfassungsrichter im Saarland bei einem Jenoptik-Gerät moniert, dass die unverarbeiteten Messdaten nicht gespeichert wurden und damit bei Einsprüchen nicht nachvollziehbar und überprüfbar sind. Auf Nachfrage erklärte eine Jenoptik-Sprecherin, dass eine Softwareänderung derzeit von der zuständigen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) geprüft werde. Beide Hersteller hatten in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht, dass ihre umstrittenen Messgeräte weiter im Einsatz sein dürfen, da die Zulassung durch die Bundesanstalt Bestand habe.