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Pannen-Abitur

Pasewalker Schulleitung darf bleiben - vorerst

Pasewalk / Lesedauer: 3 min

Warum ist am Oskar-Picht-Gymnasium im Sommer ein Drittel des Jahrgangs durchs Abi gefallen? Dem Nordkurier liegt der Abschlussbericht des Expertenteams vor.
Veröffentlicht:26.11.2019, 20:32

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Wider Erwarten bleibt das Köpfe-Rollen am Oskar-Picht-Gymnasium in Pasewalk aus – noch. Nach dem Willen des Bildungsministeriums erhalten die umstrittene Schulleiterin und ihre Stellvertreterin die Chance, einen Erneuerungsprozess an der Schule einzuleiten. Darüber wurde am Abend auf einer Schulkonferenz informiert. Demnach „zielen Maßnahmen nicht auf das Abstrafen Einzelner ab, sondern darauf, der Schule als Ganzes zu helfen“, erklärte das Ministerium. Dafür werde „interne und externe Unterstützung“ beispielsweise durch das Institut für Qualitätsentwicklung gewährt.

Das Gymnasium steht im Fokus der Kritik, weil im Abitur 2019 ein Drittel des Jahrgangs durchgefallen war. Von 59 Mädchen und Jungen hatten nur 40 das Abitur erhalten, 17 verließen die Schule mit dem Abschluss der theoretischen Fachhochschulreife, zwei traten an, das zwölfte Schuljahr zu wiederholen. Für Entrüstung hatte der Auftritt der Schulleiterin bei der Zeugnisausgabe an die Nicht-Abiturienten gesorgt, die gegen den Willen der Schüler getrennt von den Abiturienten stattfand, keine zehn Minuten dauerte und von Schülern und Eltern als demütigend und ehrverletzend beschrieben wurde.

Experten für drei Tage an der Schule

Um die Ursachen des Pannen-Abiturs aufzuklären, hatte das Bildungsministerium Ende August ein Expertenteam nach Pasewalk geschickt. An drei Tagen wurden Unterrichtsstunden begutachtet, per Fragebogen Daten und Einschätzungen eingeholt und Einzel und Gruppengespräche mit Schulleitung, Kollegium sowie Schüler- und Elternschaft geführt. „Der Ergebnisbericht zeigt, dass sich die hohe Zahl der Abiturien*innen, die die Prüfung nicht bestanden haben, nicht auf einen bestimmten Grund oder auf eine Gruppe von Verantwortlichen zurückführen lassen“, ist im Resümee des Bildungsministeriums zu lesen. „Es sind nicht pauschal die Lehrer*innen, die Schulleitung oder die Schüler*innen für das Nichtbestehen verantwortlich.“ Vielmehr habe die Evaluation gezeigt, dass an grundsätzlichen Fragen des Umgangs und grundlegenden Fragen des Unterrichts miteinander gearbeitet werden muss.

Schul-Insider machen die Schulleitung für den Niedergang des traditionsreichen Picht-Gymnasiums hauptverantwortlich. Gegenüber dem Expertenteam hatten Eltern mehrheitlich erklärt, ein Ausweg aus der Misere sei mit der Schulleiterin nicht denkbar. Seit ihrem Amtsantritt im Schuljahr 2016 hatten sich Schulklima und Lernerfolg deutlich verschlechtert und mehrere Lehrerkollegen die Schule verlassen. Immer wieder wurde beschrieben, dass die Schulleitung ein diktatorisches, von Rechthaberei geprägtes System etabliert habe, das Duckmäusertum fördere und die Atmosphäre vergifte. Auffällig dabei: Obwohl sich viele Beteiligte zu dem Thema äußern wollten, bestanden alle darauf, namentlich ungenannt zu bleiben – aus Angst vor Repressalien für sich selbst oder die Kinder.

Unmissverständliche Worte zum Schulklima

Immerhin scheint sich die Befürchtung, dem Expertenteam könnten bei der dreitägigen Hospitation Trugbilder vorgegaukelt worden sein, nicht zu bestätigen. Zwar verteilt der Abschlussbericht, der dem Nordkurier vorliegt, die Verantwortung auf viele Schultern, stellt jedoch auch unmissverständlich fest: „Die praktizierten, schlecht entwickelten Kommunikations- und Interaktionsstrategien, für deren aktuelle Ausprägung die Schulleitung und das Kollegium gleichermaßen verantwortlich sind, werden neben den Defiziten des Unterrichts mit als ursächlich für die Durchfaller*innenquote angesehen, da das existierende Schulklima eine produktive Qualitätsentwicklung, die dringend erforderlich ist, deutlich erschwert.“

Das Ministerium hegt Hoffnungen auf eine Verbesserung der Situation. Das Lehrerkollegium sei voll besetzt, hieß es, die Schulelternvertretung habe einen engagierten Vorstand gewählt, es gebe einen neuen Schülersprecher. Zudem „wurde ein Bündel von Maßnahmen erarbeitet, die in individuellen Zielvereinbarungen mit der Schulleitung und der Schule verbindlich festgehalten sind“. Die Umsetzung werde von der Schulaufsicht sowie von Fach- und Unterrichtsberatern eng begleitet und in regelmäßigen Gesprächen kontrolliert und weiterentwickelt. „Zum Ende des laufenden Schuljahres wird dann gemeinsam ein vorläufiges Fazit gezogen und das bis dahin Erreichte bewertet.“