StartseiteRegionalNeubrandenburg57-Jähriger wegen Kriegswaffen angeklagt

Flugzeug-Museum in Neuenkirchen

57-Jähriger wegen Kriegswaffen angeklagt

Neubrandenburg / Lesedauer: 2 min

Das Neubrandenburdger Amtsgericht hat Experten eines Militärhistorischen Museums als Sachverständige geladen. Die Frage: Hätten die Kriegswaffen schnell wieder einsatzbereit sein können?
Veröffentlicht:03.08.2020, 10:51

Artikel teilen:

Mehr als vier Monate später als ursprünglich geplant startet am Dienstag um 9 Uhr vor dem Neubrandenburger Amtsgericht die Verhandlung gegen einen 57-jährigen Mann, dem Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen werden. Dafür benötigt das Gericht externen Sachverstand. Aber das Schöffengericht unter der Leitung der Vorsitzenden Richterin Tanja Krüske hat keinen Psychiater oder Kfz-Sachverständigen geladen, sondern Fachleute für altes Kriegsgerät.

Mehrere Jahre Haft drohen

Mitarbeiter des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden sollen Richterin und Schöffen bei der Entscheidung darüber helfen, ob der Mann aus Neuenkirchen bei Neubrandenburg tatsächlich sowohl gegen das Waffengesetz als auch gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hat – so wie ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft. Dabei steht einiges auf dem Spiel. Denn: Sollte er tatsächlich „Gewalt über Kriegswaffen“ ausgeübt haben, gilt das als ein Verbrechen. Dafür drohen Freiheitsstrafen zwischen einem und fünf Jahren, selbst in minder schweren Fällen sind bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe wahrscheinlich.

Auf der Anklagebank muss der Gründer und Chef des Interessenvereins Luftfahrt Neuenkirchen Platz nehmen. Auf dem Vereinsgelände in seinem Heimatdorf soll der 57-Jährige laut der Anklage unter anderem Bordgeschütze und Kanonen von Flugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt haben. Einzelne Exponate sollen nicht ordnungsgemäß demilitarisiert worden sein. Zudem befanden sich, so die Anklage, noch gebrauchsfertige Repetiergewehre aus dem Ersten Weltkrieg und Munition unter den Ausstellungsstücken.

Überzogene Anklage?

Über die Vorwürfe zeigte sich der Neuenkirchener schon vor dem ersten Termin, der den Corona-Schutzmaßnahmen zum Opfer fiel, fassungslos. Angesichts des Alters und des Zustands der Ausstellungsstücke bezweifelt der Vorsitzende des 1998 eingetragenen Vereins deren Kriegswaffeneigenschaften. Nur ein Beispiel: Die Läufe der „angeklagten“ Bordkanonen seien mit Beton ausgegossen, den aber, so hieß es, könne man „herauspulen“, und schon wären die Kanonen fast wieder einsatzbereit. Zusätzlich hätte der Aussteller die Läufe aber noch durchbohren müssen. „Da fasse ich mir doch an den Kopf“, sagte der Angeklagte und hält die ganze Angelegenheit für völlig überzogen. Zumal er einige der Exponate ganz offiziell in einschlägigen Geschäften gekauft hat.

Der Interessenverein Luftfahrt Neuenkirchen e.V. ist eine Luftfahrtsammlung „zum Anfassen“, wie es auf der Internetseite heißt, die den Besuchern und Neugierigen die Fliegerei und notwendiges Hintergrundwissen näherbringt. Auf dem Gelände des Vereins, einem ehemaligen LPG-Stützpunkt, stehen mittlerweile immerhin 24 zivile und militärische Flugzeuge und Hubschrauber sowie Hunderte Teile aus der Luftfahrtgeschichte.