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Jugendklub Datzeberg

Andenken an getöteten Toni bleibt wach

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Die Jüngsten aus dem Jugendklub T.O.N.I. auf dem Neubrandenburger Datzeberg haben schon viel von ihrem Namenspatron gehört – aber erst jetzt das Grab des Jungen besucht, der mit 15 Jahren in seiner Heimatstadt ein entsetzliches Ende fand.
Veröffentlicht:02.12.2018, 17:49

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Diese Kinder waren noch lange nicht geboren, als Tonis Leben schon ein Ende finden musste. Acht und neun Jahre sind die Jüngsten alt, die bei eisigem Wind über den Waldfriedhof in Carlshöhe stapfen, um Tonis Grab zu besuchen. Damit sie das auch finden, werden sie von Tonis Opa, Eckhard Beustier, und seiner Tante begleitet.

Die Kinder tragen Grabschmuck, den sie mit ihrer Erzieherin Olga Riss selbst gebastelt haben. „Wir haben im Klub schon viel von Toni gehört“, sagt Jason, der wie viele andere Kinder und Jugendliche zu den Stammgästen in der Jugendeinrichtung auf dem Datzeberg gehört. Hier bekommen die Gäste was zu essen, können Schularbeiten machen, herumtoben oder einfach nur abhängen. Viele Kids, so ist zu vernehmen, halten sich hier länger auf als bei ihren Eltern. Gerald Schulze, der Mann aus dem Vorstand des Klubs, sagt, dass regelmäßig und viel über Toni Beustier, der mit 15 Jahren ein gewaltsames Ende fand, erzählt werde. Jason weiß das auch schon: „Wir sollen uns nicht prügeln“, sagt der Junge.

Toni Beustiers Tod im August 2000 lähmte die ganze Stadt. Wie von Sinnen und ohne Grund, aus Langeweile und Frust schlugen und traten drei 16, 18 und 21 Jahre alte Neubrandenburger auf den 15-Jährigen ein, den sie bis dahin noch nie gesehen hatten. Sein Pech: Er war zur falschen Zeit am falschen Ort, just in dem Moment, als die Täter sich vornahmen, heute einen „aufzumischen“. Schauplatz des ebenso grauenhaften wie sinnlosen Verbrechens war ein nur noch zum geringen Teil genutzter Garagenkomplex in Neubrandenburg, der damals schon zu den schlimmsten Dreckecken der Stadt gezählt wurde.

Täter zu Freiheitsstrafen verurteilt

Toni starb einen Tag später an den erlittenen Kopfverletzungen. Die Täter wurden wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu sechs und sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Tonis Großeltern, bei denen der Junge nach dem frühen Tod seiner Mutter aufwuchs, hatten es damals nicht übers Herz bringen können, an dem Prozess teilzunehmen. Nach Tonis Tod haben sich seine Zieheltern aber stark für eine gewaltfreie Stadt engagiert. Vielen Neubrandenburgern ist heute immer noch ihr dramatischer Appell von damals gegenwärtig: Lasst so etwas nicht wieder geschehen. Seht nicht weg. Seid wachsam und helft Schwachen, hieß es unter anderem von den Großeltern.

„So etwas vermitteln wir auch bei uns im Klub“, sagt die Erzieherin Olga Riss, die auch zu ersten Mal an Tonis Grab steht. Wie der Junge aussah, wissen oben auf dem Datzeberg alle, im Klub hängt ein großes Bild des Jungen. Tonis Großvater, mittlerweile 83 Jahre alt, freut sich über die Grabbeigaben, die vom Datzeberg mitgebracht wurden und sortiert alles vor dem Stein. „Das habt ihr gut gemacht“, freut sich der Neubrandenburger über die Kerzen und Tannengestecke und vor allem darüber, wie das Andenken an seinen Enkel im Klub hochgehalten wird. „Wir sollen nämlich Schwächeren auch helfen“, weiß Jason.

Das hätte auch Toni damals vielleicht gerettet. Zwei Jugendliche beobachteten nämlich seinerzeit den Beginn der Gewaltorgie – machten sich aber dann vor Angst aus dem Staub. Als sie später wieder an den Tatort zurückkamen, fanden sie Toni leblos vor. Die eilends herbeigerufene Hilfe kam zu spät. Die Staatsanwaltschaft überlegte seinerzeit sogar, die beiden wegen unterlassener Hilfeleistung anzuklagen, ließ es dann aber sein. Olga Riss führt ihre Kindern wieder vom Friedhof runter. Gleich gebe es was Warmes zu essen im Klub, freuen sich die Kids.