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Warener Bäcker ärgern sich über Bon-Pflicht

Waren / Lesedauer: 3 min

Beim Brötchenkauf blieb die Zettelwirtschaft den Kunden bislang erspart. Doch die Kassenbonpflicht kommt. Hiesige Bäcker finden das gar nicht gut.
Veröffentlicht:25.11.2019, 13:28

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„Das ist der größte Blödsinn, den es gibt“, ärgert sich Hans-Werner Bünger von der Bäckerei und Konditorei Bünger in Waren. Auch viele seiner Kollegen schütteln die Köpfe über die kommende Kassenbonpflicht im Einzelhandel. Die trifft vor allem Läden, in denen viele günstige Artikel verkauft werden – so wie Bäckereien.

Die Neuregelung ist Teil der Kassensicherungsverordnung, die Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern soll. Demnach sollen Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) fälschungssicher werden. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September ein. Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisierte, die benötigte Technik sei noch nicht am Markt verfügbar und die Umstellung kostspielig. „Erste grobe Kostenschätzungen liegen – einschließlich Installation – zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse.“

Umweltverschmutzung durch gedruckte Kassenzettel

Bünger hat erst 2017 eine neue Kasse angeschafft, die einen Chip zur Überprüfung durch das Finanzamt enthält. Die neue Regelung kann er daher nicht nachvollziehen: „Ich finde das ein bisschen Quatsch!“

„Sehr, sehr schlimm“ kommentiert auch Nachbarin Sieglinde Lebzien von der Bäckerei Lebzien um die Ecke die Bonpflicht. Bei ihr drucke die Kasse abends einen Endbon, Kassenzettel können auf Wunsch bereitgestellt werden, „gar kein Thema“. Aber bei jedem einzelnen Einkauf? „Das ist Papierverschwendung“, sagt sie, „da müssen wir dann jedem, der zwei Brötchen kauft und jedem Kind, das einen Lutscher für zehn Cent will, so einen Bon ausdrucken.“

Die Mecklenburger Backstuben weisen auf die Umweltverschmutzung durch die gedruckten Kassenzettel hin. Hinzu kommt, dass das Thermopapier, das dafür verwendet wird, laut Bünger „nicht billig“ ist. „So eine Rolle kostet 2,50 Euro“, erklärt auch Lebzien. Das Papier müsse im Sondermüll entsorgt werden. Auch dafür fallen Mehrkosten an.

Bons verursachen Mehrkosten und Müll

Gerade für kleine Händler bedeute die Bonpflicht „erhebliche Mehrkosten für Papier, Druck und Entsorgung der liegen gebliebenen Bons“, fasst Steuerexperte Rainer Kambeck zusammen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet mit mehr Ausgaben im laufenden Betrieb. Nicht zu vergessen der zeitliche Mehraufwand, wenn alle zwei Brötchen ein Kassenzettel gedruckt werden muss. „Theoretisch könnte ich dann zwei Verkäuferinnen zugleich hinstellen“, meint Lebzien.

Und all das, obwohl die Kunden doch selten einen Bon verlangen. „Sie sehen ja auf der Kasse, was es kostet“, sagt Bünger. Ab und zu, wenn jemand für andere einkaufe, oder bei Großbestellungen werde ein Kassenzettel verlangt, berichten die Bäcker. Den können sie dann auch bereitstellen. „Aber die meisten Kunden wollen den Fetzen doch gar nicht und schmeißen ihn dann oft auf die Straße“, so Lebzien. „Es gibt doch schon genug Müll.“

Vorteile sehen auch die Mecklenburger Backstuben, die den Mehraufwand derzeit noch nicht beziffern können, keine. „Wir kommen der Gesetzgebung aber natürlich nach und haben im Haus weitere Schritte eingeleitet.“

Beleg-Pflicht taugt nicht gegen Steuerbetrug

Einen enormen bürokratischen Aufwand und erhebliche Kosten befürchtet der deutsche Einzelhandel nicht nur für die Bäckereien. „Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr“, sagte der Steuerexperte des HDE, Ralph Brügelmann. Die Anzahl und Länge der auszugebenden Kassenzettel werde spürbar zunehmen.

Laut Brügelmann könne die Umstellung der Kassen Steuerbetrug zwar eindämmen, die Beleg-Pflicht trage aber nicht dazu bei. „Denn mit dem ersten Tastendruck beim Kassieren wird eine Transaktion eröffnet, die sich bei einer mit einer TSE ausgerüsteten Kasse nicht mehr ohne Spuren löschen lässt. Ob dann der Kunde einen Beleg bekommt oder nicht, ist unerheblich.“