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Geplantes Atommüllager in der Seenplatte

Von 1900 Castoren und großer Entschädigung

Waren / Lesedauer: 3 min

Wredenhagen und der drohende Zukunfts-Schatten eines Atommüllendlagers: Das Thema lässt Gemüter hochschlagen. Umso sachlicher aber wurde bei einem Zusammentreffen von Interessierten unter Federführung der Linken zu dem Thema informiert.
Veröffentlicht:31.10.2019, 20:33

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Das Szenario, das Dirk Seifert gedanklich aufbaut, ist drastisch und nicht weit hergeholt. In einem Salzstock nahe Wredenhagen könnte sich vermutlich ab 2050 eine hochradioaktive Zukunft für die Region gründen. Wird der Standort als Endlager gewählt, könnte er eine „Herberge“ für rund 1900 Castorbehälter mit einer Menge von 10 000 Kubikmetern hochradioaktivem Müll sein, der eine Million Jahre vor der Menschheit abgeschirmt werden muss. Der Fachreferent der Linksfraktion für den Atomausstieg stand den etwa 30  Zuhörern beim Diskussionspodium zur Endlager-Problematik Rede und Antwort.

Vertreter der Linken – darunter Warens Stadtpräsident Rüdiger Prehn, andere Parteivertreter von Stadt, Gemeinden und Kreis – sowie Mitglieder der kürzlich gegründeten Bürgerinitiative „Atommüllfreie Müritzergion“ kamen zu dem von den Linken organisierten Treffen. Bei diesem rief der Experte Dirk Seifert mit seinem Faktenwissen zum Teil Entsetzen bei seinem Auditorium hervor. Unter anderem mit der Nachricht, dass der hochradioaktive Müll möglicherweise mindestens 300 und maximal 950 Meter tief in die Erde gesetzt wird. Dieses Verbringen gehe nicht von heute auf morgen. „Das dauert Jahrzehnte, deshalb ist vorher auch ein oberirdisches Lager notwendig, in dem die Castorfässer zwischengelagert und vielleicht zuvor noch umgepackt werden“, klärte Seifert auf. Natürlich ist bis 2050 noch viel Zeit, doch der Zeitplan zum Informieren und Handeln könne nicht früh genug beginnen, räumte Heidrun Bluhm-Förster, die Bundestagsabgeordnete der Linken, ein. Sie begrüßte ausdrücklich die ergebnisoffene Arbeit der Bürgerinititiative (BI). Die Initiative war es auch, die sich an die Linken wandte.

Was vom Abend blieb: ein Bekenntnis Bluhm-Försters, dass sich die Partei für lückenlose Transparenz im gesamten Auswahl- und Entscheidungsprozess einsetze. Fest stehe aber schon jetzt zweierlei: Die Suche nach einem Atommüllendlager dürfe weder behindert werden und der Müll dürfe auch nicht exportiert werden – auch nicht ins Weltall, weil es dafür keine Sicherheitsvorkehrungen gebe, klärte Seifert auf. „Wir wollen kein Gorleben an der Seenplatte“, positionierte sich die Linken-Politikerin, die sich für ein Veto-Recht gegen eine erst mal getroffene Standortentscheidung stark machen möchte.

Sam Bohr, Mitglied der BI, nutzte das Treffen, um der BI eine künftige zuverlässige Arbeitsgrundlage zu beschaffen. Wie es denn mit Experten zur Thematik Atommüllendlager aussieht, wollten er und seine Mitstreiter wissen. Woher kommen die Experten? Und wer kann der BI helfen, das Infomaterial mit zig Fachbegriffen und Datenmaterial auszuwerten? Für Fragen von Bewohnern könne unter anderem das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit aber auch das Bundesumweltministerium angefragt werden. Das ist eine Botschaft, die Bundestagsmitglied Bluhm-Förster aus Waren ihren Zuhörern mitteilt.

Tourismus ist kein Argument

Übrigens brächte ein Endlager nicht nur negative Folgen mit sich, machte Seifert auf immense Geldsummen für die radioaktive Last aufmerksam. Für mittelradioaktiven Müll seien dem Experten zufolge Strukturausgleichszahlungen von rund 400  000 Euro jährlich vorgesehen. Hoffnung darauf, dass ein möglicherweise wegbrechender Tourismus in Größenordnungen der Müritz einen herben Schlag versetzen könnten, fiele dagegen als Kriterium für einen möglichen Standort nicht herausragend ins Gewicht.

Zur Erinnerung: Die Bundesgesellschaft für Endlagerung will im Spätsommer 2020 einen Zwischenbericht zu Teilgebieten vorlegen. Darin sind die Orte aufgeführt, die grundsätzlich als Endlagerstandort rausfallen. Im Jahr 2031 solle dann ein endgültiger Ort gefunden sein.