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Reichsbürger bei Kommunalwahl?

Verfassungsschutz hat Penzliner Runde im Blick

Penzlin / Lesedauer: 4 min

Dass die Warener NPD vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist nicht neu. Nun aber taucht eine Wählergemeinschaft aus Penzlin im neuesten Bericht auf.
Veröffentlicht:23.05.2019, 17:40

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Der Verfassungsschutz des Landes MV richtet seine Aufmerksamkeit auf die „Penzliner Runde“ – eine Wählergemeinschaft, die zum ersten Mal zur Kommunalwahl antritt und am Sonntag mit zwei Personen in die Penzliner Stadtvertretung einziehen möchte. Laut dem in dieser Woche veröffentlichten Verfassungsschutzbericht MV 2018 sind die Mitglieder der Penzliner Runde den sogenannten Reichsbürgern zuzuordnen.

Deren Szene ist laut Verfassungsschutz zwar sehr vielschichtig, aber gemein ist ihnen allen, dass sie mehr oder weniger die Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie deren Rechtssystem und Behörden ablehnen – unter anderem unter Berufung auf ein angebliches Fortbestehen des Deutschen Reiches, Verschwörungstheorien und verschwurbelte pseudojuristische Zusammenhänge.

Einschlägige Videos bei Youtube

Auf ihrer eigenen Internetseite präsentiert sich die Penzliner Runde allerdings anders: Die Reichsbürger-Vorwürfe bleiben zwar konkret ungenannt, man spricht dort aber von „übler Nachrede“ und dass man „zunächst fest und unverbrüchlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland“ stehe. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Verwendung des Wörtchens „zunächst“.

Doch beim Online-Videodienst Youtube sind einige Videos der Penzliner Runde zu finden, die genau in Richtung „Reichsbürger“ gehen: Deutschland sei noch besetzt und nicht souverän, das Grundgesetz sei keine Verfassung und so weiter – mithin die üblichen Aussagen von Reichsbürgern. Auch eine Aktion in der Neubrandenburger Kreisverwaltung wird mit einem Video dokumentiert, bei der eine Mitarbeiterin in eine Grundsatzdiskussion über ein „Staatsangehörigkeitszeugnis“ verwickelt werden sollte, und die mit einem Polizeieinsatz endete.

Wahlgesetz hat keine Gesinnungsvorgaben

Zur Kommunalwahl am Sonnabend dürfen sie trotzdem antreten. Im Kommunalwahlgesetz gebe es keine Gesinnungsvorgaben, sagt Penzlins Bürgermeister Sven Flechner. Jeder, der die entsprechenden Unterlagen einreiche, könne sich als Kandidat aufstellen lassen. Das sei sehr großzügig geregelt. Man müsse auch kein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung abgeben wie beispielsweise ein Beamter, so Flechner. Die Frage, ob es ähnliche Konfrontationen wie in der Kreisverwaltung auch in der Penzliner Stadtverwaltung gegeben habe, beantwortet er diplomatisch: „Wir haben alles im Gespräch regeln können.“

Insgesamt sei die Szene der Reichsbürger auf rund 450 Bürger in ganz MV angewachsen, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte wird noch eine Gruppierung in Demmin erwähnt. Diese nennt sich „Freistaat Preußen/Provinzverwaltung Pommern“. 2017 habe sich der Kontakt von „Reichsbürgern“ zu Behörden meist auf einen umfangreichen Schriftverkehr beschränkt. 2018 sei dieser Personenkreis jedoch verstärkt öffentlich in Erscheinung getreten. Die durchgeführten Aktionen hätten dabei zum Teil eine neue Qualität in Agitation und Bedrohung erreicht – wie die Aktion in der Kreisverwaltung.

Aktive rechte Szene in Waren

So hätten die Reichsbürger zahlreich an Gerichtsverhandlungen teilgenommen, die sich gegen Anhänger ihrer Szene richteten. Das war auch am Amtsgericht Waren der Fall, als gegen zwei Männer und ihre Mutter aus Jabel wegen einer Verfolgungsjagd und Beleidigungen in einem Video verhandelt wurde. Teilweise sind die unterstützenden Reichsbürger während der Verhandlungen massiv und störend aufgetreten.

Aus der Müritzregion tauchen auch die Aktivitäten im sogenannten „Braunen Haus“ der NPD-Funktionärin Doris Zutt im aktuellen Verfassungsschutzbericht auf. Dieses diene nach wie vor als Treffpunkt der regionalen rechtsextremen Szene. Diese sei trotz ihrer geringen personellen Stärke eine der aktivsten des Landes. Eine entscheidende Rolle spiele Doris Zutt, die diese Szene strukturiere und mobilisiere. Während die neonazistische Szene Warens in den vergangenen Jahren noch unter mehreren Eigennamen wie „Kollektiv Müritzfunken“ oder „Nationale Aktivisten MuP“ in Erscheinung trat, wurde 2018 das „Kollektiv Seenplatte“ in den Vordergrund geschoben.

Auch vier „Zeitzeugenvorträge“ der rechtsextremistischen Szene, die mehrheitlich in Malchow stattfanden, werden im Verfassungsschutzbericht erwähnt. Bei den Vortragenden habe es sich um ehemalige Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS gehandelt. Die Teilnehmer hätten sich aus verschiedenen Spektren der rechtsextremistischen Szene rekrutiert, heißt es.