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Kritik an einer „Klarstellung”

Missbraucht der Warener Bürgermeister das Amtsblatt?

Waren / Lesedauer: 4 min

In der aktuellen Ausgabe des Warener Wochenblatts äußert sich Norbert Möller zu einem Artikel eines Internetportals. Dafür hagelt es Kritik.
Veröffentlicht:26.02.2020, 07:18

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Darf ein Bürgermeister das Amtsblatt dafür nutzen, um Medienberichte zu kommentieren, die ihm nicht passen? Genau das hat Warens Stadtoberhaupt Norbert Möller (SPD) jetzt getan. In der vierten Ausgabe des Warener Wochenblatts, die am 22. Februar an alle Warener Haushalte verteilt wurde, hat sich Norbert Möller eine halbe Seite Platz für eine Klarstellung eingeräumt. Er reagierte auf einen Beitrag, der am 8. Februar auf dem lokalen Internetportal „Wir sind Müritzer“ erschienen ist, um „Schaden vom Amt des Bürgermeisters abzuhalten”, wie Möller es formuliert.

In dem stark meinungslastigen Beitrag, zu dem es keine Autorenangabe gibt, der wohl aber aus der Feder der ehemaligen Nordkurier-Reporterin Antje Rußbüldt-Gest stammt, ging es darum, ob die Politik sich bei der Vermietung des Warener Bürgersaals einmischen sollte, oder nicht. Anlass war der umstrittene Landesparteitag der AfD am 9. November des vergangenen Jahres, über den der Nordkurier zuerst und ausführlich berichtet hatte und damit eine große Protestwelle auslöste.

Stadtvertreter sehen „erhebliche Grenzüberschreitung”

Im Nachgang soll Möller sich über die Kur-und Tourismus GmbH echauffiert und einen Brief mit der Forderung verfasst haben, künftig vor politischen Veranstaltungen gefragt zu werden. Außerdem soll Möller laut des Internetberichts versucht haben, die Lesung des umstrittenen Autors Thilo Sarrazin abzusagen. Das weist Möller in seiner Klarstellung entschieden zurück. Er habe zu keinem Zeitpunkt die Buchlesung absagen wollen, da es dafür keine sachlichen und rechtlichen Gründe gebe. Aus Sicht von Möller sei durch den Beitrag ein falscher Eindruck zum Handeln des Bürgermeisters und damit ein Schaden für das Amt entstanden, was seiner Meinung nach nicht passiert wäre, wenn sich die Autorin im Vorfeld mit ihm dazu in Verbindung gesetzt hätte.

Für Möllers „Klarstellung” wiederum hagelt es nun Kritik von mehreren Seiten. „Nach meiner Einschätzung handelt es sich hier um eine persönliche Gegendarstellung von Norbert Möller. Dafür kann und muss er den üblichen Weg einer Gegendarstellung einschlagen. Das Amtsblatt zu benutzen, ist nicht in Ordnung, es sei denn er kauft sich als Privatmensch und Bürgermeisterkandidat die halbe Seite als kostenpflichtige Anzeige”, sagt CDU-Stadtchef Christian Holz. Auch der FDP/MUG-Fraktion schmeckt Möllers Publikation überhaupt nicht. Die sechs Stadtvertreter sehen darin zum wiederholten Male eine erhebliche Grenzüberschreitung, die eine vom Staat unabhängige Meinungsbildung der Öffentlichkeit gefährdet.

Viele journalistische Texte in Wochenblättern

Das Warener Wochenblatt erscheint alle zwei Wochen in einer Auflage von 12100 Exemplaren. Herausgeber ist der Linus Wittich Verlag. Zwar bekomen alle Warener Haushalte das Mitteilungsblatt kostenlos zugestellt. Gratis ist es für den Steuerzahler deshalb aber nicht, weil der Wittich-Verlag von der Stadt natürlich Satz- Druck- und Verteilkosten in einer Höhe von etwa 35000 Euro pro Jahr bekommt. Hinzu kommen Arbeitsstunden der städtischen Pressesprecherin.

„Ein aus Steuergeldern finanziertes staatliches Mitteilungsblatt ist nach unserer Ansicht grundsätzlich nicht geeignet, um private Auseinandersetzungen eines Bürgermeisters mit den lokalen Medien zu führen”, sagt der Fraktionsvorsitzende Toralf Schnur und verweist in dem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20. Dezember 2018, wonach eine allgemeine Beratung der Bevölkerung mit dem Grundsatz der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz und der damit einhergehenden Staatsferne nicht vereinbar ist.

AfD-Fraktion beantragt Aktuelle Stunde

Schaut man in die Ausgaben der vergangenen Monate, ist es mehr als fraglich, ob sich die Warener Stadtverwaltung an die Vorgaben des BGH hält, denn es finden sich viele journalistische Texte in den Wochenblättern. Auf Nachfrage des Nordkuriers verteidigte Norbert Möller am Dienstag seine Veröffentlichung. „Ich habe so etwas in der Vergangenheit selten gemacht. Aber ich sah mich in der Pflicht, das Amt zu schützen. Hier ist auf unfaire und unberechtigte Weise Schaden entstanden. Ich habe den Schritt bewusst gewählt, auch wenn mir klar war, dass es Kritik dafür gibt”, sagte Möller.

Warens Präsident der Stadtvertretung, Rüdiger Prehn (Die Linke), hält die Klarstellung für einen Grenzfall zwischen persönlicher Meinung und Stellungnahme eines Bürgermeisters. „Ich bin aber kein Journalist. Auf jeden Fall hätte ich den Beitrag nur dort kommentiert, wo er erschienen ist. In einem Printmedium crossmedial auf einen Onlineartikel zu reagieren, halte ich für unglücklich”, sagte Rüdiger Prehn.

Für die AfD-Fraktion hat die Klarstellung offenbar das Fass zum Überlaufen gebracht. Sie haben für die Stadtvertretersitzung am Mittwoch um 18 Uhr im Multimediaraum der Regionalen Schule „Friedrich Dethloff” eine Aktuelle Stunde beantragt. Es geht laut Frank Müller um die Richtigstellung zu Äußerungen des Bürgermeisters. Die Fraktionen bekommen entsprechend ihrer Größe Redezeit zugeteilt.