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Wirbel um Zusammenarbeit mit AfD

Dunkle Wolken über der Penzliner CDU

Penzlin / Lesedauer: 4 min

Um mehr Sitze in den Ausschüssen zu bekommen, bildete die CDU-Fraktion eine Zählgemeinschaft mit AfD-Mann Reinhard Gleisberg. War das naiv oder Kalkül?
Veröffentlicht:25.06.2019, 11:14

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Dass eine gebildete Zählgemeinschaft zwischen der Penzliner CDU und der AfD bundesweit für großen Wirbel sorgt, damit hätte der Penzliner CDU-Fraktionschef Mario Röse nicht gerechnet. Die Reaktion zur konstituierenden Sitzung für das Penzliner Stadtparlament hat inzwischen zu einem Diskurs über parteiinterne Vorgaben zur CDU-Zusammenarbeit mit der AfD geführt, der weit über die Stadtgrenzen hinausreicht.

Die Bundesvorsitzende der Partei, Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK), betonte klar, prüfen zu lassen, inwieweit der Union auf kommunalpolitischer Ebene ein Verbot ausgesprochen werden kann, mit der AfD zusammen zu arbeiten. Denn sie sei „eine Partei, die zumindest in Teilen oder mit Repräsentanten keine klare Linie zu Rechtsextremismus und Rechtsradikalen zieht“, sagte Kramp-Karrenbauer in einem Interview.

Waldmüller: Keine Schnittmengen zwischen CDU und AfD

Die Aufregung um die Zählgemeinschaft mit der AfD kann Mario Röse in Penzlin nicht verstehen. Die habe man als „Zweckbündnis“ gebildet. Als dann stärkste Kraft hatten sie mehr Einfluss bei der Sitzverteilung in den Ausschüssen der Stadtvertretung. Genau um diese höhere Repräsentation sei es gegangen. Zusammen mit den drei gewählten CDU-Vertretern und dem gewählten AfD-Mitglied Reinhard Gleisberg stellte die Union die stärkste Kraft – hat also Anspruch auf die meisten Sitze in den Ausschüssen der Stadtvertretung.

Als äußerst klug schätzen der CDU-Landes- und Kreisvorstand den Schachzug nicht ein. „Wir raten jedem davon ab, mit der AfD eine Art der Zusammenarbeit zu unternehmen“, äußert sich Wolfgang Waldmüller, der Generalsekretär im Landesvorstand MV. Zwischen CDU und AfD gebe es keine Schnittmengen, schiebt er als Begründung hinterher. Vielmehr sieht Waldmüller im Penzliner Vorgehen ein „Notbündnis für die Dauer der konstituierenden Sitzung, um nicht unterzugehen“. Denn eine Zählgemeinschaft bedingt – anders als eine Fraktion oder Koalition – keine weitere Zusammenarbeit oder Einigkeit auf politischer Ebene. Röse gesteht im Gespräch mit dem Nordkurier ein, dass der Schachzug lediglich dem Stimmverhältnis bei der Vergabe der Ausschussplätze geschuldet sei und die inhaltliche Abgrenzung zwischen CDU und AfD nicht aufgelöst sei.

Am Mittwoch werden die Penzliner CDU-Mitglieder eine Fraktionssitzung abhalten. Dort werde auch noch einmal über die Zählgemeinschaft mit der AfD gesprochen. Weitergehendes möchte Röse nicht sagen, das Telefonat beendet er mit den Worten: „Ich kriege jetzt einen Anruf aus Berlin“.

Viel Kritik an der Reaktion von Kramp-Karrenbauer

Wenn es um eine weitere Stimme gegangen wäre, um die größte Einflussnahme ausüben zu können, wäre aber beispielsweise auch FDP-Mann Gerhard Kresin als Partner für die Zählgemeinschaft in Frage gekommen. „Herr Gleisberg hat viele Stimmen bekommen und wir wollten, dass sich die Wähler auch in den Ausschüssen mit ihrer Stimme wiederfinden“, sucht Röse nach einer Begründung. 382 von 5872 Stimmen gingen an Gleisberg.

Waldmüller betont, dass eine Auseinandersetzung mit der AfD auf sachlicher Ebene stattfinden muss. „Wir dürfen sie auf gar keinen Fall in eine Märtyrerrolle drängen“. Damit widerstrebe ihm auch die Idee Kramp-Karrenbauers, auf Biegen und Brechen ein Verbot für jegliches Agieren mit der AfD auszusprechen. Lieber sollte die Sachebene zur Auseinandersetzung genutzt werden. Selbst Kreis-CDU-Chef Marc Reinhardt schlägt in Bezug auf die Forderung der Bundesvorsitzenden kritische Töne an, gleichwohl er den nicht mit den CDU-Vorständen abgestimmten Schachzug für grenzwertig hält. „Gleichzeitig halte ich auch nichts von Verboten“, erklärt er. Außerdem sehe Reinhardt keine rechtliche Handhabe zur Durchsetzung dieser.

Die Reihe der Kritiker an AKKs Vorgehen setzt sich in der Seenplatte fort. Kreistagspräsident Thomas Diener (CDU) kritisiert den eingeschränkten Entscheidungsspielraum, der mit einer potenziellen Reglementierung der Zusammenarbeit einher gehen würde. Teile der Basis könnten der Partei durch diesen Schritt den Rücken zukehren. Parteischädigenden Charakter für die CDU sieht dagegen der ehemalige Generalsekretär der CDU, Ruprecht Polenz. Er plädiert für ein Parteiordnungsverfahren gegen die beteiligten Unionspolitiker in Penzlin. Leif-Erik Holm, Landessprecher der AfD in MV, sieht in Kramp-Karrenbauers-Vorgehen ein Versuch, „die örtliche Stadtgesellschaft zu spalten“.