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Kritik an Polizeiarbeit

Drogenprozess aus Mangel an Beweisen eingestellt

Waren / Lesedauer: 3 min

Ein 29-Jähriger soll vor drei Jahren mit Ecstasy-Pillen gehandelt haben. Ein Mittelsmann konnte sich vor Gericht aber an nichts Belastendes erinnern.
Veröffentlicht:27.12.2019, 14:59

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Richterin Alexandra Sprigode-Schwenke hat schon öfter mal Versäumnisse der Polizei kritisiert. Nun monierte die Richterin jüngst bei einem Verfahren erneut eine unzureichende Ermittlungsarbeit: Durch ein unterlassenes, zeitnahes Verhör eines vermeintlichen Drogenkuriers konnte ein vermeintlicher Dealer nicht verurteilt werden. „Obwohl viel dafür spricht“, sagte Sprigode-Schwencke. Der 29-jährige Angeklagte soll zehn Ecstasy-Pillen und Amphetamine im Zeitraum vom 18. November bis zum Jahresende 2016 über einen Mittelsmann aus Waren verkauft haben. Doch am Ende der Verhandlung blieben nichts weiter als „wacklige Beweise“.

Vom vermeintlichen Drogenkurier im Zeugenstand erhofften sich Staatsanwältin und Richterin hieb- und stichfeste Aussagen zum Dealer-Dasein des Angeklagten. Darauf aber warteten die Prozessbeteiligten vergeblich. Immerhin lag das Ganze drei Jahre zurück. Die Gedächtnislücken beim Zeugen waren entsprechend groß. Die ausweichende Antwort „Das ist schon drei Jahre und zu lange her“ wurde somit zum Standardsatz des wichtigen Zeugen gegen den mutmaßlichen Seenplatte-Großdealer.

„Da ist auf jeden Fall etwas gelaufen“, erklärte der 23-Jährige im Zeugenstand und bejahte damit die Frage der Richterin, ob er selbst vom Angeklagten Drogen erworben hat. In welchem Zeitraum – der Zeuge wurde bereits wegen Drogenbesitzes und -handels für Taten im Sommer 2016 schuldig gesprochen – und wie viele Drogen gehandelt sein sollen, könne er nicht mehr sagen.

Nebulös blieb auch, ob die Warener Hans-Beimler-Straße zum Drogenumschlagsplatz im November und Dezember 2016 geworden ist, so wie es ein damals 15-jähriger Drogenkonsument beobachtet und kürzlich vor Gericht auch aussagte. Der inzwischen Volljährige aus Stavenhagen „bestellte“ sich zu seinem Geburtstag zehn Ecstasy-Pillen – zum Eigenkonsum – und meinte, die Übergabe aus der Wohnung des Dealers beobachtet zu haben.

Keine Strafe für Besitz von etwas Marihuana

Der Fehler der Polizei: Sie haben einen der Hauptbelastungszeugen des Angeklagten während des Ermittlungsverfahrens gegen den Beschuldigten nicht verhört, kritisierte die Richterin. Damals, vor drei Jahren, als auch die Erinnerung des vermeintlichen Drogenkuriers noch besser gewesen ist. „Das war ein Fehler“, sagte Sprigode-Schwencke.

Die Drogen aber soll der bereits verurteilte Zeuge vor der eigenen Haustür von seinen „Lieferanten“ erhalten haben. Mal gab es persönliche Übergaben, ein anderes Mal wurde die „Fracht“ am Pkw übergeben, erinnerte sich der wortkarge junge Mann vor Gericht, ohne zu genaue Angaben zu machen.

Rauschmittelübergaben in einem dunklen Pkw – vermutlich dem Fahrzeug der Ex-Freundin des Beschuldigten – waren aber ebenfalls nicht mehr im Gedächtnis des Zeugen vorhanden. Lediglich die eigene Motivation, sich mit Drogenlieferanten einzulassen, gab er vor Richterin Sprigode-Schwencke preis. Ein Jahr lang war der Warener 2016 arbeitslos. Seine Kontakte zur Szene nutzte er, um günstig an die Rauschmittel heranzukommen und diese dann mit Gewinn weiterzuverkaufen.

Weitergeholfen hat diese Zeugenaussage dem Gericht nicht. Dem Angeklagten, der den Verkauf von Ecstasy-Pillen und Amphetaminen ohnehin von Anfang an bestritt, kam das zugute. Ob der mangelhaften Beweislage blieb der Richterin nur die Handlungsoption, das Verfahren einzustellen. Eine Strafe wegen des zudem angeklagten Besitzes von einem halben Gramm Marihuana auszusprechen, stand schlussendlich mangels Gewichtigkeit auch nicht mehr auf dem Plan.