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Aus dem Gericht

Mann mit Handy am Steuer geblitzt – oder war alles nur ein Spiel?

Dambeck / Lesedauer: 3 min

Wollte ein Mann aus Sachsen-Anhalt im Auto nur mit den Kindern spielen, oder hat er doch telefoniert? Das Verfahren entwickelt sich nicht zu seinen Gunsten.
Veröffentlicht:28.08.2019, 13:25

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Die bohrenden Nachfragen trafen vor dem Warener Amtsgericht auf eher bescheidene Antworten eines Mannes aus Gardelegen im nördlichen Sachsen-Anhalt. Vor einem Jahr wurde er bei einem Urlaub Ende August in der Seenplatte außerorts zwischen Dambeck und Mirow geblitzt. Mit neun Stundenkilometern zu viel – und mit einem Telefon an seinem Ohr. Das sollte nun mit 140 Euro Bußgeld und zwei Punkten in Flensburg geahndet werden.

Aber genau dagegen ging der Angestellte vor. Die Strafe – zumindest für das vermeintliche Telefonieren – sei unangemessen. „Ich habe gar nicht telefoniert, sondern ein Rollenspiel mit meinen Kindern gespielt“, beteuerte der Angeklagte.

iPhone-Spielzeugtelefon mit aufgemalten Apps

Und noch viel wichtiger: Bei dem vermeintlichen Telefon habe es sich lediglich um ein Spielzeugtelefon in iPhone-Optik mit aufgemalten Apps gehandelt. „Das hat keine Telefonfunktion“, versicherte er vor Richter Manfred Thiemontz, der an den Aussagen allerdings erhebliche Zweifel hegte. Das Ablenkungsrisiko durch ein Spielzeugtelefon und ein Anruf-Rollenspiel sei ihm zwar bewusst, beteuerte der Mann, aber zum eigentlichen Telefonieren greife er stets auf eine duale SIM-Karte oder Bluetooth zurück. „Dafür brauche ich kein Telefon in der Hand zu halten“.

An diesen für den Richter seltsamen Abläufen hielt der Beschuldigte bis zuletzt fest. Auch der scheinbar vollkommen normale Familienurlaub mit Frau und Kindern im Firmenwagen ließ den Richter skeptisch werden. Ins Skurrile driftete die Verhandlung spätestens dann ab, als der junge Mann seine Frau haargenau beschreiben sollte: Haare, Styling, Gesichtsform und so weiter. Auf ein Stirnrunzeln folgten erste kleine Erklärungsversuche.

Wer ist die geheimnisvolle Person auf dem Blitzerfoto?

Darauf hatte Richter Thiemontz scheinbar schon gewartet. Mit dem Blitzerfoto der Gerichtsakte ging der Richter zur Anklagebank. „Das soll ihre Frau sein?“, fragte er äußerst skeptisch nach. Denn auf dem Bild konnte Thiemontz die beschriebenen blonden Haare nicht erkennen. Das richterliche Resümee fiel unbequem für den Delinquenten aus. „Das ist keine Frau“ – und diese Bekundung trieb sogar dem Mittdreißiger auf der Anklagebank ein Lächeln ins Gesicht. Die irrwitzige Diskussion um einen Pferdeschwanz und der Frage, welche Grauschattierungen auf dem Blitzerfoto nun die Haare der vermeintlichen Frau zeigen, dauerten Minuten.

Vergleichende Urlaubsbilder konnten Manfred Thiemontz auch nicht überzeugen. Schließlich wurden die Nasenflügel der Person auf dem Blitzerfoto als Begründung angeführt, dass die Ehefrau beim nächsten Prozesstag extra aus Sachsen-Anhalt nach Waren reisen soll. „Denn die Person auf dem Blitzerfoto hat eindeutig sehr schlanke Nasenflügel“, bekräftigte Thiemontz seine Ansicht.

Der Prozess wird am 5. September fortgesetzt. In dem Verfahren soll dann die Identität des Beifahrers geklärt werden. Dazu fordert das Gericht ein hochaufgelöstes Blitzerfoto an.