StartseiteRegionalMüritz▶ Akkordeon-Profi Martynas Levickis spielt Vorurteile weg

Musikunterricht im Gymnasium

▶ Akkordeon-Profi Martynas Levickis spielt Vorurteile weg

Waren / Lesedauer: 3 min

Die „Quetschkommode” hat ein eher angestaubtes Image. Dass in dem Instrument viel mehr steckt als heiße Luft, zeigt ein Superstar aus Litauen.
Veröffentlicht:25.02.2020, 12:42

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Martynas Levickis ist ein Superstar – wegen und irgendwie auch trotz seines Akkordeons. „Quetschkommode“ und „Schweineorgel“ wird sein Instrument in Deutschland genannt, weiß der litauische Musiker, und in anderen Sprachen gibt es noch mehr solcher fieser Spitznamen. Obwohl der Ruf des Akkordeons sich gebessert hat, das Image vom unterhaltsamen Schlagerinstrument hält sich hartnäckig. Als einer der größten Botschafter des Akkordeons zeigte Levickis nun auch Schülern und Lehrern im Wossidlo-Gymnasium, dass sein Instrument mehr ist als ein „Schifferklavier“.

Dabei wollte er selbst ursprünglich gar nicht Akkordeon lernen. Als Dreijähriger faszinierte ihn ein Pianist im Fernsehen, erzählt Levickis, doch ein Klavier gab es für ihn nicht. Stattdessen schenkte ihm der Onkel ein Akkordeon. Das Klavier war abgeschrieben.

Was Levickis an seinem Instrument schätzt, ist es vermutlich auch, was dem Akkordeon seinen Ruf als wenig anspruchsvolles Unterhaltungsinstrument eingebracht hat: Es ist transportabel und die ausgefeilte Technik macht es möglich, mit nur drei Fingern ganze Lieder zu begleiten. Doch in dem Instrument steckt viel mehr, es zu spielen kann eine Kunst sein.

"Hätte Mozart länger gelebt, hätte er für Akkordeon komponiert"

„Ich bin mir sicher, wenn Mozart lang genug gelebt hätte, hätte er für das Akkordeon komponiert“, sagt Levickis nach einem historischen Überblick. Mit seinem Akkordeon hat er mehr als ein ganzes Orchester dabei. Der Musiker zeigt, was mit dem „philosophischen Instrument“ alles möglich ist: wie man mit dem Blasebalg den Wind imitiert, mit dem Knie alles zum Beben bringt, Töne anschwellen lässt und auseinanderzieht, wie man Schüler durch einen einzigen Ton zum Lachen und zum Staunen bringt.

Das Spielen brachte er sich anfangs selbst bei. „Der litauische Wald war mein Lehrer“, erzählt er den Schülern. „Ich lauschte dem Wind, hörte die Bäume zittern und imitierte das.“ Er spielte auch die Lieder nach, die seine Eltern ihm vorsangen.

Seitdem hat er das Repertoire erweitert: Er spielt Barock, ohne dabei das, was für mehrere Instrumente geschrieben wurde, auf dem Akkordeon bloß nachzuahmen. Mit seinen Arrangements versuche er etwa „die einzigartige Stimme des Akkordeons in Bachs Musik zu finden“. Bei einem Konzert in der Aula, bei dem der scheue Künstler weniger sich selbst als vielmehr das Akkordeon bewerben zu wollen scheint, spielt er neben litauischen Folk-Melodien und Tango auch Oper und Modernes.

Festspiele MV organisieren Musik-Unterrichtsstunden

In Litauen war eine Castingshow der Durchbruch des damaligen Musikstudenten an der Royal Academy of Music. Auch wenn er sich für seine Teilnahme damals etwas geschämt habe, so wurde durch den Sieg seine Musik und vor allem das Akkordeon einer breiteren Masse zugänglich. Dafür spielt er gerne auch Pop-Songs. „Musik ist Musik“, sagt er, und natürlich gebe es anspruchsvolle, sehr gut gemachte Popstücke. Als er in der Aula ein aktuelles Lied anstimmt, bricht ein spontaner Extra-Applaus aus.

„Ich will das Interesse von Menschen aller Altersgruppen wecken“, so Levickis. „Die Schüler waren sehr interessiert, und das inspiriert mich noch mehr.“

Unterrichtsstunden wie diese organisieren die Festspiele MV an verschiedenen Schulen. Für die Kinder sei es toll, Instrumente von Nahem zu sehen und Berufsmusikern Fragen zu stellen, sagt Maike Fiedler. „Junge Leute können sich für klassische Musik begeistern“, weiß Christian Kahlstorff. „Und Klassik ist für alle.“ Bei den Festspielen im Sommer wird Martynas Levickis wieder alles aus seinem Akkordeon herausholen. Zu hören ist er zum Beispiel am 13. Juni in Neubrandenburg.