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„Rambo-Feeling”

SEK-Polizist hortet Waffen und Munition

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Mehr als 55 000 Schuss Munition hat ein ehemaliger SEK-Beamter gehortet. Teilweise stammt die Munition aus Beständen der Polizei. Jetzt steht er vor Gericht.
Veröffentlicht:18.11.2019, 08:37

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Im Zusammenhang mit der rechten Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ beginnt am Mittwoch in Schwerin der erste Gerichtsprozess. Ein Polizist und ehemaliges Mitglied des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Mecklenburg-Vorpommern muss sich wegen illegalen Hortens von Waffen verantworten.

Dem 49-Jährigen waren im Zuge einer Razzia gegen „Nordkreuz“ im August 2017 seine Waffenbesitzkarten wegen unsachgemäßer Aufbewahrung legaler Waffen entzogen worden. Anschließend soll er erneut große Mengen Munition, Waffen und explosionsgefährliche Stoffe zusammengetragen haben. Die Anklage listet gegen den Mann Verstöße gegen das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz auf. Er sitzt in Untersuchungshaft. Sollte er schuldig gesprochen werden, drohen Marko G. bis zu fünf Jahre Haft.

Verbindung zu Nordkreuz-Gruppe

Ermittler bringen ihn mit der „Nordkreuz“-Gruppe in Verbindung, gegen die die Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Im Zentrum der Ermittlungen stehen ein Rostocker Anwalt und ein suspendierter Polizist aus einem Dorf bei Schwerin.

Prepper sind Menschen, die für Krisenzeiten Vorräte anlegen. Extreme Vertreter sind bereit, im Fall der Fälle ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen. Die „Nordkreuz“-Gruppe soll Menschen aufgelistet haben, die sie bei einem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung internieren würde.

Schießtrainer hortet Munition

Bei einer neuerlichen Razzia am 12. Juni 2019 wurden bei Marko G. erneut zahlreiche Waffen sowie rund31 000 Schuss Munition unterschiedlichen Kalibers und zahlreiche Sprengkörper gefunden, wie die Ermittler mitteilten. Nach dem Fund war darüber spekuliert worden, dass Teile der Munition bei Schießübungen des SEK abgezweigt worden sein könnten. Marko G. wurde daraufhin in Untersuchungshaft genommen. Gegen drei weitere ehemalige oder damals noch aktive Polizisten, die auf freiem Fuß sind, laufen seit dieser Razzia Ermittlungen.

Der Angeklagte ist laut Gericht seit 1999 im Landesdienst der Polizei, war seit 2004 im Spezialeinsatzkommando und unter anderem als Präzisionsschütze und Schießtrainer tätig. Er wurde inzwischen vom Dienst suspendiert.

„Kontrollen gibt es beim SEK nicht“

Das Ausmaß der offen gelegten Kontakte von aktiven und früheren Polizisten in die „Prepper“-Szene hatte Innenminister Lorenz Caffier (CDU) im Sommer politisch unter Druck gesetzt und auch in Erklärungsnot gebracht. Im Mittelpunkt stand die Frage: Warum hat kein Verantwortlicher in der MV-Polizei gemerkt, dass über Jahre große Mengen an Munition verschwunden sind? Nach Recherchen des Nordkurier muss jeder einfache Streifenpolizist jeden Übungsschuss „abrechnen“. Anders soll es bei der Eliteeinheit des SEK aussehen: „Kontrollen? Die gibt es in der Form nicht beim SEK. Dort wird das Rambo-Feeling ausgelebt“, sagt ein Kenner der Landespolizei. Die Masse an Munition, die beiseite geschafft worden sei, lasse darauf schließen, dass keiner so richtig hin geschaut habe, so der Insider. Das SEK soll laut langjährigen Beobachtern in der Führungsebene der Polizei einen Sonderstatus genießen. Motto: „Das sind ja unsere Jungs für die besonderen Fälle“.

Zur Aufklärung der Vorfälle hatte Caffier im Sommer eine unabhängige Kommission eingesetzt. Die Menschen, die auf der "Nordkreuz"-Liste stehen, wurden darüber informiert.