StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernScandlines-Fähre "Copenhagen" bekommt Hightech-Segel

Wind statt Diesel

Scandlines-Fähre "Copenhagen" bekommt Hightech-Segel

Rostock / Lesedauer: 3 min

In Warnemünde wird man schon in wenigen Monaten eine erstaunliche Fähre sehen: Scandlines rüstet die „Copenhagen” mit einem spektakulären Wind-Antrieb aus.
Veröffentlicht:04.09.2019, 11:28

Artikel teilen:

Seit drei Jahren pendeln die beiden in Stralsund und im dänischen Munkebo gebauten Großfähren „Berlin“ und „Copenhagen“ im Liniendienst zwischen Rostock und Gedser (Dänemark) über die Ostsee - die Schiffe hatten der Reederei anfangs viel Kummer gemacht. Mit ihrem modernen Hybridantrieb, der das Ein- und Auslaufen allein mit Batteriekraft ermöglicht, konnte die Reederei Scandlines nicht nur den Dieselkraftstoffverbrauch und Kohlendioxidausstoß deutlich senken, sondern in Landnähe auch die Schadstoffbelastung der beiden Hafenstädte reduzieren.

Nun will die deutsch-dänische Reederei ihre Leistungsbilanz mit einer weiteren spektakulären Innovation aufwerten. Dafür lässt Scandlines schon im kommenden Jahr von der finnischen Cleantech- und Ingenieur-Firma Norsepower an Bord der 170 Meter langen „Copenhagen“ einen modernen Windantrieb installieren, der aus der Ferne betrachtet aussieht wie ein gigantischer, senkrecht stehender Schiffsschornstein. Weitere Infos zu dem Antrieb lesen Sie hier.

Mega-Schlot ist kein Schornstein, sondern ein Segel

Doch durch diesen „Mega-Schlot“ wird kein klimaschädliches Kohlendioxid in die Atmosphäre gepustet – im Gegenteil! Denn es handele sich hier um ein sogenanntes Rotorsegel, das den Schiffsantrieb durch die Nutzung der Windkraft unterstützen werde, sagt Scandlines-Chef Søren Poulsgaard Jensen. „Damit können wir die CO2-Emission auf der Route Rostock-Gedser um vier bis fünf Prozent reduzieren.“

Schon im November sollen an Bord der Fähre die Vorbereitungen für die Nachrüstungsarbeiten beginnen. Das eigentliche Rotorsegel wird dann im zweiten Quartal 2020 von Norsepower installiert, ein 30 Meter hoher Zylinder mit einem Durchmesser von fünf Metern, der der Windströmung ausgesetzt wird und dann zu rotieren beginnt.

Das Geheimnis heißt „Magnus-Effekt”

Trifft der Wind rechtwinklig zur Fahrtrichtung des Schiffes auf das Rotorsegel, dann tritt der sogenannte Magnus-Effekt ein, der eine Kraft erzeugt, die das Schiff vorantreibt. Unter günstigen Windbedingungen kann das Rotorsegel somit dazu beitragen, dass die Motorkraft gedrosselt werden kann und bei gleichbleibender Geschwindigkeit Emissionen reduziert werden.

Die Strecke zwischen Rostock im Süden und Gedser im Norden sei nahezu rechtwinklig im Verhältnis zu dem überwiegend aus dem Westen kommenden Wind, sagt eine Reedereisprecherin. Für Scandlines würde sich die Nutzung eines Rotorsegels daher besonders günstig auswirken.

Der „Nabu” ist ziemlich begeistert

Lob kommt vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Damit setze die Reederei neue Maßstäbe, um die klimaschädlichen und luftverschmutzenden Emissionen zu reduzieren, sagt Nabu-Experte Malte Siegert. Wichtig sei, dass nun auch andere Reedereien Verantwortung übernähmen, um die im Pariser Klimaschutzabkommen beschlossenen Klimaziele zu erfüllen.

Scandlines hatte die beiden in Stralsund gebauten, aber nicht fertiggestellten Fährschiffe „Berlin“ und „Copenhagen“ nach der Insolvenz der P+S Werften in Stralsund und Wolgast 2012 zum Schnäppchenpreis von 31,6 Millionen Euro statt ursprünglich 184 Miliionen Euro erworben und anschließend in Dänemark zu den weltweit größten Hybridfähren umbauen lassen. Nach eigenen Angaben wurden seit 2013 über 300 Millionen Euro in den Umbau der Flotte investiert. Inzwischen fahren insgesamt sechs Fährschiffe mit der umweltfreundlichen Diesel-Batterie-Kombination.

Im Juli hatte die Reederei ihre Bereitschaft angekündigt, künftig auf ihrer Ostseeroute Puttgarden-Rødby komplett ohne Dieselkraftstoff zu fahren, indem die Hauptmotoren der Fährschiffe durch Batteriepakete ersetzt werden. Dazu wären aber seitens des Landes Infrastrukturanpassungen auf der Insel Fehmarn von schätzungsweise 100 Millionen Euro erforderlich. Am 12. September wird dort zunächst eine Ladestation für Elektroautos eingeweiht.