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Friedliche Revolution

Landtagsverwaltung zu faul für eine Sitzung in Waren?

Schwerin / Lesedauer: 4 min

Waren gilt als Keimzelle der friedlichen Revolution in den drei DDR-Nordbezirken. Nun schlägt die CDU dort eine Sondersitzung des Parlaments vor. Doch für die Verwaltung ist das wohl zu viel Aufwand.
Veröffentlicht:14.03.2019, 06:00

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Die Landtagsverwaltung hintertreibt mit fragwürdigen Mitteln eine Sondersitzung des Parlaments in Waren (Müritz). CDU-Fraktionschef Vincent Kokert hatte dies aus Anlass des 30. Jubiläums der friedlichen Revolution in der DDR vorgeschlagen.

Dem Nordkurier liegt jetzt eine Mail aus dem Büro des Warener Bürgermeisters vor, wonach ein Mitarbeiter der Protokollabteilung der Landtagsverwaltung den Vorschlag für so gut wie erledigt erklärt hat – und das ohne den dafür notwendigen Beschluss des Parlamentes. Wie es im politischen Schwerin heißt, scheut die Verwaltung einfach nur den Aufwand für eine Sitzung außerhalb des fürstlichen Schweriner Schlosses.

„Am 20. Dezember 2018 gab es ein erstes Gespräch zum Thema ,Gedächtnisort‘ mit unserem Bürgermeister Herrn Möller … und Herrn Stefan J. (Protokoll Landtag M-V). In diesem Gespräch äußerte Herr Janssen, dass die Idee, den Landtag in einer der beiden Kirchen tagen zu lassen wahrscheinlich verworfen ist“, heißt es in der Mail, die von einer engen Mitarbeiterin des Warener Bürgermeisters unterschrieben ist.

AfD kritisiert unnötige Kosten

Bei dem Gespräch sollen auch Sicherheitsbedenken vorgebracht worden sein – in Waren. Die Landtagsverwaltung äußerte sich nicht zu der Frage, ob ihr Vorgehen den Regeln entspricht. Auch andere Fragen zu dem Vorgang ließ sie unbeantwortet. Noch am Montag hatte ein Sprecher betont, dass allein der Ältestenrat über eine Sondersitzung entscheide.

Die Müritzstadt soll laut einem Landtagsbeschluss zentraler Gedächtnisort für die friedliche Revolution in MV werden. Waren gilt als die erste Kommune im Land, in der Bürger gegen die SED-Diktatur demonstriert haben. Für die CDU-Fraktion ist die Sache noch nicht vom Tisch: „Der Ältestenrat des Landtages hat sich noch nicht verständigt, die Frage ist für uns daher noch nicht entschieden. Wir drängen darauf, dass am 16. Oktober die Friedliche Revolution in Waren angemessen gewürdigt wird“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer, Torsten Renz.

Doch die Chancen stehen schlecht: Alle anderen Landtagsfraktionen zeigen sich wenig begeistert von Kokerts Idee. So ist eine auswärtige Sitzung für die größte Oppositionsfraktion AfD einfach zu teuer. „Wir lehnen den Vorschlag ab. Um sich für die Belange der Menschen im Land zu interessieren, reicht so ein einmaliges Theaterstück andernorts nicht aus. Zumal dadurch dem Steuerzahler zusätzliche, unnötige Kosten entstehen würden“, sagte Fraktionschef Nikolaus Kramer.

Kokert: „Ich möchte in Waren keinen Kranz-Abwurfplatz“

Einig ist sich die AfD da mit der SPD – dem Koalitionspartner der CDU. „Wegen des erheblichen Aufwandes lehnt die Fraktion eine solche Veranstaltung ab“, sagte ein Fraktionssprecher. Es gehe ja nicht nur um die Unterbringung von 71 Abgeordneten über mehrere Tage, auch die Mitarbeiter müssten vor Ort sein, die technischen Voraussetzungen für Computer und Ähnliches müssten geschaffen werden. Die Linke hält nach den Worten ihres Parlamentarischen Geschäftsführers, Peter Ritter, wenig von derart „spontanen Einfällen“.

Zudem sei die Idee der CDU wohl nicht mit der SPD abgesprochen, so Ritter: „Das zeigt die Uneinigkeit in der Koalition.“ Und die BMV/Freie Wähler meint: Waren sei zwar ein denkbarer Ort, aber nicht zwingend der einzige, der infrage kommt. „Zwar kann ich Herrn Kokert verstehen, dass er an dieser Stelle eine wuchtige Symbolpolitik betreiben möchte, um wachzurütteln. Da wir die Dinge in unserer Fraktion eher nüchtern betrachten, fragen wir uns aber, ob eine Landtagssitzung in Waren der richtige Wachrüttler ist“, sagte Fraktionsvorsitzender Bernhard Wildt.

In der gestrigen Sitzung des Landtages betonte CDU-Fraktionschef Kokert: „Ich möchte in Waren keinen Kranz-Abwurfplatz.“ Bislang hat man sich nur darauf verständigt, am 16. Oktober eine Festveranstaltung in Waren abzuhalten – und eben keine Sondersitzung.

Bürgermeister Norbert Möller (SPD) zeigte sich trotz der Einmischung der Landtagsverwaltung offen für Kokerts Plan: „Wir sind grundsätzlich aufgeschlossen, wenn der hochgeschätzte Landtag mal nach Waren kommt. Es gibt für eine Sitzung Möglichkeiten, beispielsweise im Bürgersaal.“ Herr J. vom Landtagsprotokoll sei übrigens nicht auf Einladung Warens zu dem Gespräch gekommen. Heißt: Schwerin hat ihn mitgeschickt.