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Loch bei Tribsees

Aufklärung über A20-Desaster in Sicht

Tribsees / Lesedauer: 3 min

Es war für Politik, Pendler, Anwohner und deutsche Ingenieurskunst der Super-Gau: das Versinken einer Autobahn im Moor bei Tribsees im Herbst 2017. Bald soll die Ursache an die Oberfläche kommen.
Veröffentlicht:17.11.2019, 18:47

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Zwei Jahre sind mittlerweile ins Moor des Trebeltals gezogen. Und noch immer ist nicht klar, warum eine mit zwölf Jahren relativ junge Autobahn innerhalb von wenigen Tagen einfach irreparabel wegbricht – und weltweit Schlagzeilen produziert. Doch Aufklärung ist in Sicht: Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Abgeordneten der Bundestagsfraktion der Grünen – unter anderem von der MV-Abgeordneten Claudia Müller – geht hervor, dass die Ursachenforschung Ende diesen Jahres beendet sein soll und das Institut für Bauingenieurswesen (Fachbereich Grundbau und Bodenmechanik) der Technischen Universität Berlin im Frühjahr 2020 seinen Abschlussbericht vorliegen werde. Das Institut war vor einem Jahr unter Beteiligung der Bundesanstalt für Straßenwesen mit der Aufklärung beauftragt worden. Die Auftragssumme beträgt fast 130.000 Euro.

Beim Bau der A 20 über das Trebeltal zwischen den Anschlussstellen Tribsees und Bad Sülze war das umstrittene CSV-Verfahren (Coplan Stabilisierungsverfahren) angewandt worden. Dies hatte nach dem Zusammenbruch der Autobahn bereits zu massiver Kritik geführt. „Als Ursache für den Totalschaden der Autobahn im Trebeltal ist die Wahl des CSV-Verfahrens anzusehen. Das risikovollste Verfahren an dieser sensiblen und kritischen Stelle (moorig-breiiger Untergrund) in Verbindung mit der unzureichenden Bauüberwachung hat zum Einbruch der A20 geführt“, sagte beispielsweise bereits vor Monaten Joachim Lindenau, Bauingenieur aus Neubrandenburg und seit Jahren als Experte in der Bauaufsicht tätig.

Das CSV-Verfahren, bei dem viele dünne pfahlähnliche Gebilde zum Einsatz kommen, sei zuvor in der Regel vor allem für die Errichtung von Gebäuden und im Ausnahmefall für Bahntrassen genutzt worden. Das CSV-Verfahren sei ein Bodenverbesserungs-, aber kein „klassisches“ Gründungsverfahren, so Lindenau.

Brücke und Neubau kosten fast 160 Millionen Euro

Eine Einschätzung, mit der Lindenau offensichtlich nicht falsch liegt. Denn aus der Antwort der Bundesregierung geht auch hervor, dass das das CSV-Verfahren beim Autobahnbau bisher lediglich noch an der A94 bei Forstinning-Pastetten im Bundesland Bayern zum Einsatz gekommen sei. Um ein erneutes Desaster zu vermeiden, ist derzeit an der Großbaustelle bei Tribsees die installierte Behelfsbrücke auf 301 Großbohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,20 Meter und einer Länge von 24 Meter gegründet. Die Kosten für Behelfsbrücke und Neubau der A20 werden mit fast 160 Millionen Euro beziffert.

Bis der Neubau fertig ist, dürfte es noch rund drei Jahre dauern. Die Anwohner des benachbarten Langsdorf – durch den Ort floss während der Umleitungsphase über ein Jahr der komplette Autobahnverkehr  – werden auch heute noch sekündlich an die Großbaustelle erinnert. Wenn die Autos und Lkw auf der rund 800 Meter entfernten Behelfsbrücke über die mehrere Zentimeter hohen Dellen zwischen den einzelnen Segmenten der provisorischen Fahrbahn holpern, ist das Geräusch im Ortskern unüberhörbar. Und noch etwas erinnert die Langsdorfer regelmäßig an das A20-Desaster: Während der Umleitungsphase wurde mitten im Ort ein moderner Blitzer installiert – und der ist immer noch scharf gestellt.