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Bundesverkehrsministerium

A20-Desaster war nur ein „Einzelfall“

Berlin / Lesedauer: 3 min

Während die offizielle Ursachenforschung für den Zusammenbruch der A20 bei Tribsees noch weitere Monate andauert, prescht das Verkehrsministerium in Berlin schon einmal nach vorne.
Veröffentlicht:22.07.2020, 09:40

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Das Versacken eines kompletten Autobahnabschnitts war nicht nur ein denkwürdiger Vorgang, der die A20 weltberühmt gemacht und die deutsche Ingenieurskunst in Misskredit gebracht hat – die Geschehnisse in den Tiefen des Trebeltalmoores liefern auch in der Aufarbeitung des Desasters immer neue Geschichten.

Konkret: Die Ursachenforschung entwickelt sich langsam zur Posse. Rückblende: Im April 2019 hatte das Bundesverkehrsministerium in Berlin mitgeteilt, dass die Ursachenforschung Ende des Jahres 2019 beendet sein soll und das Institut für Bauingenieurswesen (Fachbereich Grundbau und Bodenmechanik) der Technischen Universität Berlin im Frühjahr 2020 seinen Abschlussbericht vorliegen werde.

Nun, Ende 2019 liegt lange hinter zurück, das Frühjahr 2020 ebenfalls – und was ist mit der Ursache für das Verschwinden der A20 zwischen Bad Sülze und Tribsees ins Trebeltalmoor? Ist die Forschung daran ebenfalls in deutschen Behördenstuben versackt? Im Februar 2020 fragte der Nordkurier bei der Bundesanstalt für Straßenwesen, einer nachgeordneten Behörde des Bundesverkehrsministerium, nach. Die Bundesanstalt hatte das Institut für Bauingenieurswesen im November 2018 mit der Aufklärung beauftragt hatte. Auftragsvolumen satte 150.000 Euro – finanziert aus Steuergeldern.

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Zeitplan für Ursachenforschung wankt

Und siehe da, die Antwort der Bundesanstalt entlarvte, dass offenbar auch der Zeitplan für die Ursachenforschung – ähnlich wie die A20 im Herbst 2017– mächtig ins Wanken geraten ist. „Mit ersten Ergebnissen ist nicht vor Ende des Jahres 2020 zu rechnen“, teilte eine Sprecherin kurz und knapp mit. Eine Begründung für die Zeitverzögerung von einem Jahr gab es nicht.

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Als der Nordkurier in dieser Woche erneut nachfragte, ob es denn mittlerweile Zwischenergebnisse bei der Ursachenforschung gebe, wurde erneut darauf verwiesen, dass Ergebnisse erst in sechs Monaten vorliegen würden. Allerdings gab es diesmal eine Begründung: Das Coronavirus, das bei der Anfrage im Februar noch nicht in Deutschland grassierte, musste jetzt für die Verzögerung herhalten. Viele Labore, die deutschlandweit bei der Ursachenforschung beteiligt seien, hätten in der Corona-Krise nicht arbeiten können, so ein Sprecher der Bundesanstalt für Straßenwesen am Dienstagnachmittag.

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Im Übrigen hatte die Behörde bereits im Februar diesen Jahres angekündigt, dass neben der Ursachenforschung „Empfehlungen für den Straßenbau auf wenig tragfähigem Untergrund für zukünftige Baumaßnahmen und gegebenenfalls erforderliche Regelwerksanpassungen abgeleitet werden“ sollen. Mit anderen Worten: Es soll verhindert werden, dass bei künftigen Autobahnbauten ein ähnliches Desaster wie an der A20 geschehen kann.

„Nichts ist auffällig”

Genau dies hatte auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Hagen Reinhold aus MV vor Wochen gefordert und entsprechende Fragen an das Bundesverkehrsministerium in Berlin gerichtet. Die Antwort, die Reinhold jetzt aus dem Haus von Minister Andreas Scheuer (CSU) erhielt, verblüffte. Ohne die Ergebnisse der Ursachenforschung abzuwarten, verkündigte das Ministerium: „Wir wissen nicht, was da passiert ist – wir gehen von einem Einzelfall aus.“

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Auf Reinholds Hinweis, ob andere Autobahnen, die wie die A20 bei Tribsees ebenfalls mit dem umstrittenen CSV-Verfahren gegründet worden waren, jetzt verstärkt kontrolliert würden oder ein entsprechender Sanierungsbedarf bestehe, reagierte das Ministerium wie folgt: „Wir gehen derzeit nicht davon aus, dass dort ein Sanierungsbedarf entsteht. Nichts ist auffällig, es gibt keine ungewöhnlichen Setzungen. Wir gehen nicht davon aus, dass da was passiert. Wir beobachten das weiter. Mit der Auswertung der A 20 ergeben sich gegebenenfalls neue Erkenntnisse.“ Fortsetzung folgt.