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Sütterlin

Wer kann diese alten Rezepte noch lesen?

Malchin / Lesedauer: 4 min

In Malchin schlummert ein kleiner Schatz: Ein 100 Jahre altes Kochbuch mit vielen Rezepten. Das Problem: Es ist auf Sütterlin geschrieben. Können Sie die Worte entziffern?
Veröffentlicht:06.12.2018, 13:25

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Wir schreiben die frühen 60er-Jahre. Eine junge Frau, Anfang 20, zieht von Neukalen im Norden der Mecklenburgischen Seenplatte, nach Malchin. Sie beginnt dort eine Ausbildung als Fachverkäuferin bei der Handelsorganisation (HO). Die junge Frau heißt Wilma Brese, später Rutkowski.

Sie sucht nach einer Unterkunft und findet ein Zimmer bei Emilie Flemke, die zu diesem Zeitpunkt 60 Jahre alt und Hausfrau ist. Die beiden Frauen nähern sich an und es entsteht eine enge Freundschaft – aus Frau Flemke wird für Wilma Rutkowski „Tante Milli“, obwohl die beiden nicht verwandt sind. Frau Rutkowski hat Tante Milli bis ins hohe Alter hinein gepflegt, betreut und für ihr Wohl gesorgt. Und so kommt es, dass Wilma Rutkowski, nach dem Ableben von Tante Milli, im Besitz ihres Kochbuches ist.

Über die Jahre geriet das Buch in Vergessenheit

„Das Buch haben wir schon seit 40 oder 50 Jahren“, schätzt Gerhard Rutkowski, der Ehemann von Wilma Rutkowski. Er ist 81 Jahre alt und stammt aus Ostpreußen. „Meine Frau war eine sehr gute Köchin“, erinnert er sich, „und irgendwann hat sie sich ein eigenes Kochbuch zugelegt.“


(Foto: Johanna Horak. Zum Vergrößern anklicken.)

Im Jahr 1953 kam auch Gerhard Rutkowski nach Malchin. Ebenfalls um bei der Handelsorganisation eine Ausbildung zum Fachverkäufer zu absolvieren. Nur durch die gemeinsame Ausbildung lernten sich die beiden kennen. Eine schicksalhafte Begegnung, denn die jungen Auszubildenden verliebten sich ineinander, heirateten und bekamen zwei Töchter.

Mit 76 Jahren verstirbt Wilma Rutkowski. Obwohl der Tod seiner Frau einige Jahre her ist, zeigt sich Gerhard Rutkowski sichtlich bewegt, wenn er über sie spricht. In seinem Wohnzimmer finden sich viele Bilder von ihr, von der Hochzeit und Urlauben.

100 Jahre alten Rezepte

Außerdem hat er immer noch das handgeschriebene Kochbuch von besagter Tante Milli, welches mittlerweile stolze 100 Jahre alt ist. Durch den Aufruf des Nordkurier an die Leser, ihre Rezepte einzusenden, kam er auf die Idee, das Buch zum Nordkurier zu schicken.

„Ich habe schon lange überlegt, was ich mit dem Kochbuch machen könnte. Erst dadurch kam ich auf die Idee, dass sich vielleicht jemand in der Redaktion findet, der Sütterlin lesen kann und somit in der Lage ist, die 100 Jahre alten Rezepte zu retten. Es wäre sehr schade, wenn sie verloren gehen“, findet Gerhard Rutkowski. Recht hat er!

Tante Millis Familie ahnt nichts von dem Kochbuch

Die übersetzten Rezepte und das Kochbuch will Gerhard Rutkowski gern an die Familie Flemke zurückgeben. „Vielleicht freuen sie sich ja darüber und sind interessiert an den alten Rezepten“, sagt er. Bisher wisse die Familie aber noch gar nicht von der Existenz des Buches.

„Wir sind zwar in Kontakt, aber wir haben noch nie über das Kochbuch gesprochen, das hat sich irgendwie nicht ergeben“, sagt der Rentner. Grinsend fügt er hinzu: „Nun erfahren sie es eben aus der Zeitung.“ Nur seine Tochter hatte er zuvor in seine Pläne, sich an die Zeitung zu wenden, eingeweiht.

Hier könnten Schätze schlummern

Natürlich möchte der 81-Jährige auch gern selbst die Rezepte von Tante Milli ausprobieren. Vielleicht findet sich ja ein tolles Kuchenrezept in dem Buch? Verwendung dafür hätte er auf jeden Fall, denn: „Einmal die Woche treffe ich mich mit Freunden zum Kniffeln. Jeder aus unserer Runde ist abwechselnd an der Reihe, Kuchen für alle mitzubringen“, sagt Gerhard Rutkowski.

Möglicherweise kommt seine Kniffelrunde also bald in den Genuss, Kuchen, gebacken nach einem knapp 100 Jahre alten Rezept, zu verkosten.

Wenn Sie Sütterlin lesen können und interessiert daran sind, Gerhard Rutkowski dabei zu helfen, die alten Rezepte von Tante Milli zu übersetzen, melden Sie sich bitte bei uns!

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