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Emojis

Der Herr der Smileys

Zürich / Lesedauer: 3 min

Die kleinen Piktogramme ersetzen im Smartphone oftmals halbe Sätze. Hinter den Bildern steckt ein internationales Konsortium, an dessen Spitze der Software-Ingenieur Mark Davis steht.
Veröffentlicht:26.12.2017, 18:21
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Für einen, der täglich bei Milliarden Kurznachrichten auf Twitter, Facebook oder WhatsApp die Finger mit im Spiel hat, ist Mark Davis ziemlich unbekannt. Der Software-Ingenieur ist so etwas wie der Herr der Smileys. Zusammen mit einem Team entscheidet er, mit welchen neuen Gesichtsausdrücken, Figuren und Gegenständen Menschen weltweit demnächst ihre Texte auf Handy und Computer bildlich anreichern können. Im März soll die Liste mit den Neuen fertig sein.

Die ersten sogenannten Emojis entstanden etwa 1999 in Japan. „Emoji” bedeutet etwa: Bild und Zeichen. Als Google 2006 seinen E-Mail-Dienst GMail in Japan anbieten wollte, war klar: Ohne Emojis geht es nicht, und um sie darstellen zu können, waren Standards nötig. „Wir dachten erst, es sei eine Modeerscheinung”, sagt Davis. Dann begann der Siegeszug von Smartphones und sozialen Medien mit ihrem Druck, sich kurz zu halten.

Davis zeigt in seinem Büro in Zürich auf dem Computer die neuen Kandidaten. Klopapier, Känguru und ein schwitzender Smiley sind dabei, ebenso ein Kompass, ein Moskito und ein Teddybär. Und ein „deutsches” Puzzle-Teil. Mit seinem Team im Emoji-Ausschuss des Unicode-Konsortiums wird Davis bald 70 Neuheiten freigeben.

Emotionen zeigen mit nur einem Klick

Davis ist Mitgründer und Präsident von Unicode. Diese gemeinnützige Organisation standardisiert die digitale Kommunikation. Ehrenamtlich, seine Brötchen verdient Davis bei Google Schweiz. Emojis sind nur ein kleiner Teil der Unicode-Arbeit. Jedes Schriftzeichen aus allen Sprachen der Welt bekommt von Unicode einen einzigartigen digitalen Code, damit es weltweit in gleicher Weise abgebildet werden kann.

Millionen Menschen verwenden sie heute, um Texte zu verkürzen, um mit einem Klick Emotionen anzuzeigen. Eine Sektflasche signalisiert „Feiern”, das Wort Deutschland wird durch die Fahne dargestellt, „ich lach mich tot” durch einen Smiley mit herunterlaufenden Tränen.

Es gibt klare Regeln bei der Auswahl. „Besteht die Aussicht, dass das vorgeschlagene Symbol viel verwendet wird?”, sagt Davis. Das muss der Antragsteller stichhaltig belegen, zum Beispiel mit Auswertungen, wie oft der Ausdruck auf YouTube oder anderen Anwendungen vorkommt. Dann ist wichtig, dass es unter den mehr als 2600 schon existierenden Emojis nicht schon etwas Ähnliches gibt. Seit drei Jahren kann jeder Vorschläge für Emojis einreichen.

Neue Symbole von einem Deutschen entworfen

Wie Marius Spix (24), ein Softwareentwickler aus Köln. „Bei Textnachrichten ist es oft schwierig, die Gefühle des anderen herauszufinden”, sagt er. „Emoji ermöglichen es, Gefühle auch in Schriftform auszudrücken.” Spix weiß, wovon er spricht. „Für mich als Asperger-Autist ist es oft eine Herausforderung, Ironie zu erkennen. Hier ist ein Zwinker-Emoji Gold wert.” Spix hat zwei neue Symbole vorgeschlagen, die Unicode aufnehmen will: einen Koffer und das schon erwähnte Puzzle-Teil. „Das Puzzle-Teil hat für mich mehrere Bedeutungen”, sagt er. „Auf der einen Seite steht es für den Zusammenhalt, also einen Teil eines Ganzen. Auf der anderen Seite steht es auch für etwas Kniffliges, Kompliziertes.”

Davis verweist auf Studien, wonach heute mehr als die Hälfte von Milliarden von Botschaften täglich Emojis enthalten. Auf der Webseite emojitracker.com werden die beliebtesten abgebildet. Der Smiley, der vor Tränen lacht, ist ganz oben. Auch das rote Herz spielt in der ersten Liga. Aber die Webseite berücksichtigt keine Emojis, die nach 2012 dazukamen, sagt Davis.

Angst, dass Emojis eines Tages Textnachrichten verdrängen werden, hat Davis nicht: „Man nehme nur den ersten Satz eines Romans und versuche, ihn in Emojis darzustellen: Da sieht man sofort die Grenzen.”