StartseiteRegionalDemminWie lebt ein chronisch Kranker mit der Corona-Angst?

Jenseits der Panik:

Wie lebt ein chronisch Kranker mit der Corona-Angst?

Trittelwitz / Lesedauer: 3 min

Frank Müller gehört zu denen, für die eine Infektion wegen seiner Vorerkrankungen besonders gefährlich wäre. Dennoch sieht er keinen Grund zur Panik.
Veröffentlicht:07.03.2020, 13:18

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Er hat Herz-Kreislaufprobleme, ist zuckerkrank und bekam am 20. Dezember 2018 eine neue Leber. Allein Medikamente halten sein Immunsystem momentan stabil. Der Trittelwitzer Frank Müller hat eine lange Krankheitsgeschichte, über die der Nordkurier erst zu Weihnachten berichtet hatte. Aber er hat auch mit Jutta eine Frau, die ganz stark zu ihm hält. Beide sind seit 42 Jahren verheiratet. Doch wie sieht es in ihm aus – jetzt, wo es auch im Altkreis Demmin einen Verdachtsfall auf Corona gibt?

Müller sagt selbst über sich, dass er sich nicht verrückt macht. „Wir werden sicherlich nicht leichtfertig mit der Situation umgehen. Wir treffen alle Vorsichtsmaßnahmen, waschen sehr oft die Hände und haben die Hygiene stark erhöht. Aber Angst habe ich nicht, weil ich schon genug im Leben durchgemacht habe. Was nutzt es, wenn man den ganzen Tag darüber redet oder sich zu Hause einsperrt?“ fragt Frank Müller.

Unterwegs so wenig anfassen wie möglich

Fit hält er sich mit einem täglichen Spaziergang und seinem Hometrainer. Atemschutzmasken hat er sich nicht gekauft, dafür hat er Desinfektionsmittel zu Hause. Das sind aber Reste aus der Zeit nach seiner schweren Leberoperation. Von seiner Tochter, die bei Kaufland arbeitet, hat er erfahren, dass viele Leute Hamsterkäufe getätigt haben. Auch das wird bei den Müllers nicht gemacht. Frank Müller begleitet sogar seine Frau beim Einkaufen, meidet aber große Menschenansammlungen und besonders die Nähe zu hustenden Menschen. Er versucht, dabei so wenig anzufassen wie möglich. Aber zum Beispiel beim Tanken, so Müller, muss man ja die Zapfpistole anfassen.

Jutta Müller hat deutlich mehr direkte Kontakte zu Fremden, da sie im Landgasthof Trittelwitz arbeitet. Allein an diesem Wochenende tritt das Duo „Con Emozione” auf. Für die Konzerte gibt es schon allerhand Vorbestellungen. „Alles was möglich ist, machen wir schon, damit wir uns das Corona-Virus nicht einschleppen. Desinfektionsmittel wird jetzt natürlich im Landgasthof wesentlich stärker eingesetzt“, erklärt Jutta Müller.

„Vor allem haben wir viel Vertrauen in die Ärzte”

So ganz kann Frank Müller nicht verstehen, wie das Virus sich so schnell ausbreiten konnte. Wenn er an die DDR zurückdenkt, wurde da ganz anders mit Seuchen umgegangen. Er kann sich noch gut daran erinnern, dass wegen der Maul- und Klauenseuche ganze Dörfer abgeriegelt wurden. „Für mich wird zu viel Panik verbreitet, aber zu wenig gehandelt. Da erwarte ich ein konsequenteres Durchgreifen“, beschreibt Frank Müller seine Empfindungen.

Für Jutta Müller wäre es katastrophal, wenn jetzt die Ärzte und Pflegekräfte wegen Corona ausfallen würden. „Durch die Erkrankung meines Mannes habe ich trotz aller Kritik eine hohe Achtung vor den Ärzten und Apothekern. Wenn sie nicht mehr einsatzfähig sind, wer soll dann die Patienten versorgen?“, fragt Jutta Müller.

Der nächste Arztbesuch in der Universitätsklinik Rostock ist für den 16. März geplant. Zuerst hatte sich das Ehepaar überlegt, wegen des Corona-Virus den Termin abzusagen. Doch dann nahmen sie ihren Mut zusammen und entschieden sich anders. Wenn jetzt nicht die Klinik absage, so Frank Müller, nehme er den Termin wahr. „Im Grunde bin ich ein sehr ängstlicher Mensch, was Krankheiten angeht. Doch nachdem, was mein Mann und ich zusammen durchgestanden haben, geht man mit dem Corona-Virus ganz anders um. Vor allem haben wir viel Vertrauen in die Ärzte“, sagt Jutta Müller. Und Frank Müller fügt hinzu: „Ich habe soviel Krankheiten überlebt, da überlebe ich auch eine Corona-Infektion.“