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Ferkelfabrik Alt Tellin

Wann geht der Prozess endlich weiter?

Alt Tellin / Lesedauer: 4 min

Eigentlich sollte vor dem Verwaltungsgericht Greifswald im Juni der Prozess um die Genehmigung von Europas größter Ferkelfabrik am Tollensetal fortgesetzt werden – nach mehr als drei Jahren Verhandlungspause. Doch darasus wird wohl nichts.
Veröffentlicht:05.03.2020, 07:04

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Für das Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Betriebsgenehmigung der Schweinezuchtanlage Alt Tellin ist auch fast drei Jahre nach dem Prozessbeginn vorm Verwaltungsgericht Greifswald kein Ende absehbar. Denn die Hoffnungen, dass es dort noch vorm Sommer weitergeht, scheinen sich gerade wieder zu zerschlagen, wie eine Nordkurier-Nachfrage ergab.

Dabei hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bereits mit dem Termin 11. Juni 2020 für eine Fortsetzung frohlockt. Und seine Mitstreiter und Sympathisanten zu fantasievollen Aktionen im Vorfeld der Sitzung aufgerufen. Wobei die angesichts der Dauer des Verfahrens auch als Freuden-Bekundung oder Jubiläumsfeiern zum zehnten Jahrestag durchgehen könnten.

Kritiker sehen Verstöße gegen Tierschutz

Immerhin nahm das Ganze seinen Anfang bereits 2010, als das Staatliche Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Neubrandenburg trotz vielfältiger Kritik die Genehmigung jenes Stallkomplexes auf dem Acker im Dreieck zwischen Neu Plötz, Daberkow und Siedenbüssow erteilte, der als Europas größte Ferkelfabrik für heftigen Streit in der Region und darüber hinaus sorgt. Der BUND reichte im September 2012 Klage gegen diese Entscheidung ein, unterstützt von der lokalen Bürgerinitiative „Rettet das Landleben am Tollensetal“. Beide stellen nicht nur die Betriebserlaubnis an sich infrage, sondern damit einhergehend die dort praktizierte Haltungsform generell. Nach ihrer Auffassung liegen zahlreiche Verstöße gegen den Tierschutz und das Umweltrecht vor, auch der Brandschutz könne nicht gewährleistet werden.

Aber es gingen weitere Jahre ins Land, bis das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald eröffnet wurde – da fungierte bereits das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) Neubrandenburg als StAUN-Nachfolger. Am 15.  März  2017 schließlich folgte der Prozessauftakt, der wegen seiner Bedeutung für die Agrarbranche und den Tierschutz in ganz Deutschland von überregionalem Medieninteresse begleitet war.

Er weckte durchaus große Hoffnungen bei den Gegnern der Anlage, weil die Kammer um den Vorsitzenden Richter Holger Brucksch keinerlei Anstalten machte, auch nur irgendeinen Kritikpunkt als unwichtig oder völlig unberechtigt abzutun. Im Gegenteil: Sie deutete dabei einige Zweifel an der Argumentation von Unternehmen und Behörden an.

Zusatz zur Klage löst neue Anhörungs-Prozedur aus

Insbesondere bei den Tierschutzbelangen und dem Status der Biogas-Anlage sah die Kammer indes noch weiteren Erarbeitungsbedarf. Nach rund sechsstündigen Fragen und Erörterungen fiel deshalb abends die Entscheidung, das Ganze zu vertagen. Das bedeutete, die mündliche Verhandlung sollte in einem noch zu bestimmenden weiteren Termin fortgesetzt werden. Bisher gab es allerdings keine weitere Sitzung, zumal zwischendurch Anwälte wechselten – selbst die Eigentumsverhältnisse bei der Schweinezucht haben sich seither mehrmals verändert.

„Es gab noch keine offizielle Ladung“, kommentierte Heinz-Gerd Stratmann, Pressesprecher am Verwaltungsgericht Greifswald, auf Nordkurier-Anfrage den angesprochenen Juni-Termin. „Und der wird sich wohl auch nicht halten lassen“, erfuhr er bei seinen Rückfragen im Haus. Dafür gebe es mehrere Gründe, zum Beispiel den Umstand, dass Beteiligte ihre Prozessbevollmächtigten wechselten und zudem weitere Zusätze zur Klage-Begründung beim Gericht eingingen – der letzte gerade erst vor ein paar Tagen. Dies aber setzt eine neuerliche Anhörungs-Prozedur in Gang, die bei entsprechender Relevanz der Themen sogar wieder zusätzliche schriftliche Einlassungen zwischen beiden Seiten nach sich ziehen könnte.

Das kann sich einerseits mächtig hinziehen und einige weitere Monate kosten, doch andererseits scheint dem BUND die lange Verfahrensdauer nicht in jeder Hinsicht unpassend zu sein. So nämlich kann die Organisation aktuelle Gutachten zum Tierschutz vorlegen, die ihr weitere Munition im Kampf gegen die Schweinzucht Alt Tellin liefern. Dort werden fast 10 500 Muttersauen gehalten, die rund 250 000 Ferkel im Jahr werfen. Dafür wurden mehr als 5600 Kastenstände genehmigt.