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Verein stößt auf Widerstand

Startschuss für eine neue Grundschule am Tollensetal?

Wietzow / Lesedauer: 4 min

Anfang August will in Wietzow eine neue Grundschule starten. Doch Jarmen und vor allem Tutow sehen eine Gefahr für ihre Bildungsstandorte und in der eigenen Gemeinde hat sich der Trägerverein anscheinend nie offiziell vorgestellt.
Veröffentlicht:13.06.2020, 14:07

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Der vergangenes Jahr in Wietzow gegründete Verein „ZEITREIF“ bietet derzeit im Amtsbereich Jarmen-Tutow einigen Gesprächsstoff. Schließlich plant er seinen erklärten Zielen – unter anderem die Förderung und Umsetzung neuer pädagogischer und entwicklungspsychologischer Erkenntnisse – jetzt ganz konkrete Taten folgen zu lassen: In dem Ortsteil der Gemeinde Daberkow soll zum 1.  August die „Kleine Dorfschule Vorpommern“ eröffnen. So jedenfalls steht es auf der umfangreichen Internet-Präsentation, verbunden mit einer entsprechenden Stellenanzeige für Schulleitung und LernbegleiterInnen.

Demnach startet der Betrieb voraussichtlich mit zehn Kindern im Alter von sechs bis acht Jahren. Perspektivisch ist von circa 30 Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren die Rede, einschließlich Orientierungsstufe. Auch eine Hortbetreuung wird in Aussicht gestellt. Für den Besuch der am Tollenstal gelegenen Einrichtung werden allerdings Elternbeiträge fällig. Die richten sich, so die Angaben, nach dem Einkommen und betragen mindestens 150 Euro pro Monat.

Bürgermeister darf nichts verraten

Ob sich die Vorstellungen des Vereins umsetzen lassen – immerhin sind es nur noch gut eineinhalb Monate bis zum Schuljahr 2020/21 – wirkt aber unklar. „Der Antrag für den Betrieb der Schule liegt dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur vor. Die Genehmigung wird in den kommenden Wochen erwartet. Weitere Informationen gibt es in den nächsten Monaten“, heißt es schon seit einiger Zeit auf der Homepage.

„Viel mehr als da steht, weiß ich auch nicht. Jedenfalls offiziell“, erklärte Daberkows Bürgermeister Olaf Hecht auf Nordkurier-Anfrage. Und was er sonst noch in Erfahrung bringen konnte, dürfe er nicht mal der Gemeindevertretung übermitteln, schon gar nicht den Medien. Schließlich betreffe das mit dem Verein private Belange. Allerdings wolle er diese Art Maulkorb nicht hinnehmen und habe deshalb ein Schreiben ans Kultusministerium aufsetzen lassen, gerade im Hinblick auf die nur noch kurze Zeitspanne bis August. „Es kann doch nicht sein, dass ich öffentlich nicht darüber reden darf. Nicht mal mit Bürgern, die davon betroffen sind.“

Immerhin stelle eine solche Schule eine erhebliche Veränderung für Wietzow dar, das aktuell nicht mal 60 Einwohner zählt, und bedeute obendrein ein spürbares Mehr an Autoverkehr. „Wir sind gar nicht generell gegen so etwas, vielleicht finden die Wietzower das ja ganz toll“, so Hecht, der selbst in diesem Ortsteil wohnt. „Aber man muss doch darüber reden. Und wenn man nichts zu verbergen hat, dann kann man wohl offen damit umgehen.“

Verein unter angegebener Nummer nicht zu erreichen

Bisher jedoch habe sich der Trägerverein nie an ihn oder die Kommune gewandt, lediglich sein Antragsverfahren beim Land durchgezogen. Das Ministerium holte dann den Kreis mit ins Boot und forderte zumindest von der Stadt Jarmen und der Gemeinde Tutow Stellungnahmen ein. Weil diese beiden als Träger benachbarter Grundschulen von dem Projekt betroffen wären. Warum „ZEITREIF“ solche Zurückhaltung an den Tag legt und wie der aktuelle Stand ist, konnte auch der Nordkurier nicht von dem Verein in Erfahrung bringen, der auf seiner Internet-Seite eine Greifswalder Postadresse angibt. Denn unter der als Kontakt veröffentlichten Telefonnummer nahm bei mehreren Anrufen innerhalb von drei Tagen und zu unterschiedlichen Zeiten niemand ab, auch auf die Rückruf-Bitte per Sprachbox wurde nicht reagiert.

Längst reagiert haben hingegen Jarmen und Tutow, wie der Peenestädter Hauptamtsleiter und Vizebürgermeister Rainer Hardt bestätigte. Beide Kommunen gaben negative Voten ab, weil sie das Unterrichts- und schulische Nachmittagsangebot in der Region für ausreichend und gut konzipiert halten. Vor allem aber den Bestand der eigenen Grundschulen auf lange Sicht infrage gestellt sehen, insbesondere im Fall Tutow. Schließlich gibt es teils erhebliche jährliche Schwankungen bei den Zahlen der ABC-Schützen, da könnten vier bis fünf Kinder weniger schon mal eine Klassenbildung gefährden. „Glücklich ist damit hier keiner“, gab Hardt die Stimmung in den Kommunen wider.

Beim Landkreis Vorpommern-Greifswald hingegen werde das Thema viel entspannter betrachtet, erklärte er, sich auf ein Telefonat mit dem Schul- und Kulturamt berufend. „Die haben keine Einwendungen. Sie sehen in diesem Angebot keine Konkurrenz zu den bestehenden staatlichen Schulen.“ Demnach würde es auch die Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung für Jarmen und Tutow nicht negativ beeinflussen.