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Mehr Rotmilane durch Windkraftanlagen getötet als bekannt

Potsdam / Lesedauer: 2 min

Der Rotmilan gehört zu den seltenen Greifvögeln, die nur in Europa leben. Da er während des Fluges stärker als andere Arten den Boden nach Kleintieren absucht, fliegt er häufig in Windrad-Rotoren.
Veröffentlicht:12.07.2020, 16:33
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Die Zahl der Vögel, die durch Windräder in Brandenburg getötet werden, übertrifft nach Angaben von Experten die amtlichen Angaben. „Viele verletzte Vögel verenden abseits der Windräder; andere werden nach einem Vogelschlag von Füchsen gefressen”, sagt Axel Heinzel-Berndt von der Naturschutzorganisation Bund in Brandenburg. Laut Umweltministerium sind im Land seit 2010 von 128 getöteten Rotmilanen 62 an Windenergieanlagen verendet.

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Die Angaben entstammen einer Anfrage aus der AfD-Landtagsfraktion. In der Antwort räumt das Ministerium ein, dass die Dunkelziffer über weitere Funde nicht beurteilt werden könne.

Nach Angaben der Brandenburger Vogelschutzwarte nisten in Brandenburg etwa acht Prozent des Weltbestands an Rotmilanen, etwa 1650 bis 1800 Brutpaare. Für den Vogelschutzexperten der Naturschutzorganisation Nabu, Eric Neuling, bedeutet das: „Was in Brandenburg geschieht, oder unterlassen wird, hat Auswirkungen auf die Weltpopulation.”

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14.000 bis 16.000 Rotmilan-Paare

Jüngeren Erhebungen zufolge wird der Bestand an Rotmilanen, die nahezu nur in Europa vorkommen, auf 25.200 bis 33.400 Brutpaare geschätzt. Davon beherbergt Deutschland 14.000 bis 16.000 Paare. Während die Population in einigen Mittelgebirgsregionen und im Südwesten Deutschlands zunahm, verminderte sie sich im norddeutschen Tiefland. Hier liegen die Rotmilan-Vorkommen einer Veröffentlichung von 2019 zufolge deutlich unter dem Niveau der 1990-er Jahre. Hauptgrund für die Abnahme der Bestände ist die viel zu intensive Landwirtschaft, die die Nahrungsgrundlage der Vögel einschränkt.

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Laut Neuling belegen die Untersuchungen den Zusammenhang zwischen der Größe der Rotmilan-Population und der Dichte der Windkraftanlagen. „Leider gibt es auch in Brandenburg noch immer viele Ausnahmen vom gesetzlichen Tötungsverbot für windenergiesensible Vogelarten”, sagte er.

Mindestabstand zwischen Windkraftanlagen und Nistplätzen

Das von den Bundesländern verabschiedete Helgoländer Papier, das einen Mindestabstand zwischen Windkraftanlagen und Nistplätzen seltener Vogelarten empfiehlt, wird auch nach Beobachtungen von Heinzel-Berndt von Investoren in Brandenburg nicht immer ausreichend beachtet. „In Streitfällen haben die Genehmigungsverfahrensstellen im Landesamt für Umwelt und die Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg häufig zu Lasten des Vogelschutzes entschieden.”

Beide Experten sind sich einig, dass größere Vorkommen geschützter Vogelarten frei von Windrädern bleiben müssen. Auch an den Anlagen könne der Vogelschutz verbessert werden. Sie könnten durch Sensoren abgeschaltet werden, wenn sich Vögel nähern. Neuling: „Ein Artenschutzprogramm Rotmilan könnte den Lebensraum der Vögel verbessern, um einzelne Verluste an Windkraftanlagen auszugleichen.”