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76 Schafe tot

Massaker an der Schwarzen Elster – Was ist hier passiert?

Röderland / Lesedauer: 3 min

Im Internet kursieren Bilder von einem Schaf-Massaker in Saathain. Der Wolf soll hier zugeschlagen haben, heißt es. Doch der Schein trügt und der Schäfer muss sich nun einem Shitstorm stellen.
Veröffentlicht:29.09.2020, 14:19

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Ein Wolf hat unzählige Schafe auf einer Koppel bei Saathain (Ortsteil von Röderland) in Brandenburg getötet, da war sich zumindest die Internetgemeinde sofort sicher, als sie die Nachricht über einen Vorfall im Landkreis Elbe-Elster auf Facebook und via WhatsApp verbreitete. Von bis zu 300 toten Tieren war die Rede.

Die Bilder dazu wurden in zahlreichen Gruppen geteilt und teils heftig diskutiert. Zu sehen sind ein zerstörter Schutzzaun und viele tote Schafe – einige der Kadaver treiben in der Schwarzen Elster. In der Gegend leben Wölfe. Für viele Kommentarschreiber war die Beweisaufnahme damit beendet, der Fall klar: Der Wolf hat hier ein Massaker angerichtet. Nur wenige fragen nach, kritisieren die vorschnelle Meinungsbildung.

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Keine Hinweise auf Wolf als Verursacher

Was ist also wirklich passiert? Knut Kucznik, Vorsitzender des Schafzuchtverbandes Berlin Brandenburg, sagt, dass es vor Ort keinerlei Spuren oder Hinweise auf den Wolf als Verursacher gebe. Kucznik vertritt den Schäfer, dessen Existenz mit dem Verlust so vieler Schafe auf einen Schlag nun auf dem Spiel stehe. „Eine Rotte Wildschweine ist in der Nacht von Samstag auf Sonntag in die Schafherde rein. Die drei Herdenschutzhunde haben ihren Job gemacht, mehrere Schweine haben das nicht überlebt”, sagt Kucznik.

Die Schafe stellten sich währenddessen jedoch sehr eng zusammen und begannen, sich im Kreis zu drehen. Dieses typische Verhalten ließe sich öfter beobachten. Offenbar seien sie weiter in Panik geraten, zogen den Kreis immer enger. Dabei erdrückten die Mütter wohl die Lämmer. Die Tiere, die außen liefen, wurden zudem ins Wasser geschubst – so Kucznik weiter. Am nächsten Morgen sind 76 Schafe tot.

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„Es ist unglaublich, was da passiert ist. Davon habe ich noch nie gehört und ich hätte auch nie gedacht, dass so etwas überhaupt passieren könne”, sagt er. Der Schäfer habe nicht nur einen großen finanziellen Schaden zu beklagen, sondern sei angesichts seiner toten Schafe auch persönlich hart getroffen. Der 90 Zentimeter hohe Elektrozaun, war höher als vorgeschrieben, die Pyrenäen-Berghunde zertifiziert, auch sonst habe der Schäfer in den vergangenen Jahren alles getan, um seine Tiere vor den bis zu fünf Wolfsrudeln in seiner Umgebung zu schützen.

Shitstorm im Internet

Auf eine Entschädigung braucht er nun nicht hoffen. Diese gebe es in Brandenburg nur, wenn der Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann, so Kucznik. Umso härter treffen den Schäfer die zahlreichen Anfeindungen und Vorwürfe in den sozialen Medien. Ein regelrechter Shitstorm sei über ihn hereingebrochen. Daher hat er sich zurückgezogen und überlässt es dem Schafzuchtverband, weitere Auskünfte zu dem Vorfall zu geben.

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Er würde den Wolf als Täter verheimlichen, um ihn zu schützen laute der Tenor der teils sehr heftig formulierten Beschuldigungen. Es gebe bereits sogar eine offizielle Anfrage an den brandenburgischen Landtag, was denn da vertuscht werden soll, sagt der Vorsitzende des Schafzuchtverbandes. Kucznik kann das nicht nachvollziehen. Was hätte denn der Schäfer davon, wenn er sich selbst ins Bein schießt und die Chance auf eine Entschädigung verspielt, fragt er. „Aber solche Leute interessieren keine Fakten, die behaupten und verbreiten einfach, was ihnen in den Kram passt”, sagt Kucznik im Hinblick auf die vielen Kommentarschreiber.