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Skandal-Fall

Fünfjähriges Mädchen in Eberswalde offenbar über Jahre verwahrlost

Eberswalde / Lesedauer: 3 min

In Eberswalde soll eine Fünfjährige jahrelang ohne Tageslicht gelebt haben müssen. Der Fall weist erschreckende Parallelen zum Todesfall Leonie auf.
Veröffentlicht:13.01.2020, 17:32

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Wenige Tage nach dem ersten Todestag und dem ersten Mord-Urteil im Fall der getöteten Leonie (6) aus Torgelow wird gut 100 Kilometer entfernt der nächste Fall von schwerer Kindesmisshandlung bekannt. Am Wochenende berichtete zuerst die Märkische Oderzeitung (MOZ) über ein fünfjähriges Mädchen, das bereits in der Weihnachtszeit in Bernau ins Krankenhaus kam.

Mädchen soll völlig verwahrlost und zurückgeblieben sein

Wie die MOZ Unter Bezug auf anonyme Quellen aus dem Krankenhaus berichtet, soll das Mädchen zuvor rund zwei Jahre lang völlig auf sich allein gestellt gewesen sein. Es sei extremst verwahrlost und geistig stark zurückgeblieben. Die Rede ist auch davon, dass das Kind mehrere Jahre ohne Tageslicht gelebt habe.

Während Krankenhaus keine Angaben machen wollte, zeigt sich die Brisanz des Falles auch daran, dass der für das Jugendamt zuständige Landrat von Barnim, Daniel Kurth (SPD), am Montag zu einer Pressekonferenz einlud und versprach, man werde Klarheit schaffen und mit offenen Karten spielen. Denn wie auch im Fall Leonie ist auch im Fall des Eberswalder Mädchens das Jugendamt involviert. Und dort war das Mädchen offenbar bekannt.

Jugendamt will den Fall erst ins Rollen gebracht haben

Bereits seit Mitte 2017 habe das Barnimer Jugendamt versucht, „Hilfe in die Familie zu bringen”, erklärte Landrat Daniel Kurth. „Wir (mussten) feststellen (...), dass das Kind nicht die Fürsorge und Pflege und Liebe seiner Eltern bekommen hat, die es gebraucht hätte.“ Er sprach von Anzeichen von Unterernährung und Sprach- und Verhaltensauffälligkeiten. Das Kind befinde sich seit dem 20. Dezember in sicherer Obhut. Die Medien-Berichte, das Kind sei jahrelang auf sich allein gestellt gewesen, könne er nicht bestätigen.

Die Bemühungen des Jugendamtes, dem Kind zu helfen, hätten jahrelang nicht gefruchtet. Erst durch eine per Gerichtsbeschluss erzwungene „Familienhilfe” gelang es der Behörde im vergangenen November, Zugriff in das Familienleben des verwahrlosten Mädchens zu bekommen und sie aus der Wohnung zu befreien. Laut Landrat solle das Kind nun „die Hilfe und Sicherheit bekommen, die es benötigt.” Nähere Angaben zu den Details des Vorgangs machte der Landrat nicht.

Welche Rolle spielte das Jugendamt?

Vielmehr unterscheiden sich die Varianten der Geschichte, die derzeit im Umlauf sind, erheblich. Während der Landkreis das Bild der Retter in Form des Jugendamtes malt, wird die Geschichte in vielen Medien anders erzählt. Demnach muss sich das Jugendamt fragen lassen, ob es die Familie möglicherweise viel zu lange unbehelligt gelassen hat. Diese Frage wird wohl auch Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens. Wie die Bild-Zeitung erfahren haben will, hat das Jugendamt bislang die Akten zu dem Fall noch nicht freigegeben – auch nicht an die Staatsanwaltschaft.

Für das Jugendamt formulierte Kreis-Sozialdezernentin Yvonne Dankert einen bemerkenswerten Satz über den aktuellen Fall des kleinen Mädchens: „Es ist nicht alltäglich, es ist aber auch keine Besonderheit.“