StartseitePanoramaSuperreiche verstecken sich vor Corona in Bunkern

„Heugabel-Revolution”

Superreiche verstecken sich vor Corona in Bunkern

San Francisco / Lesedauer: 6 min

Unbemerkt von der Öffentlichkeit haben sich zu Beginn der Corona-Krise amerikanische Milliardäre nach Neuseeland abgesetzt. Dort harren sie nun in ihren Untergrund-Bunkern aus.
Veröffentlicht:13.05.2020, 17:31

Artikel teilen:

In der Garage seines Hauses in San Francisco steht ein Motorrad, an dessen Lenker eine Tasche voller Waffen hängt. Sollte irgendwann die Apokalypse kommen, so erzählt der prominente Unternehmer auf einer Dinner-Party, dann würde er sich auf sein Motorrad schwingen und sich den Weg zu einem privaten Flughafen in Nevada frei schießen. Dort wartet in einem Hangar ein Privatjet, den er sich mit vier anderen amerikanischen Milliardären teilt. Gemeinsam wollten sie sich dann nach Neuseeland absetzen, wo sie in luxuriös ausgestatteten Untergrund-Bunkern das Ende der Katastrophe abwarten würden.

Vor einigen Jahren plauderte einer der Partygäste diese Unterhaltung gegenüber der amerikanischen Nachrichtenagentur Bloomberg aus. Die Identität des Motorradbesitzers ist nicht bekannt, man weiß nur, dass er ein milliardenschwerer Unternehmer aus dem „Silicon Valley” ist, einer der bedeutendsten IT- und Hightech-Standorte der Welt. Die Gegend um die private Elite-Universität Stanford liegt etwa eine halbe Autostunde südöstlich von San Franciso. Hier an der amerikanischen Westküste sind viele der größten Hightech-Firmen der Welt ansässig: Apple, Google, Facebook, eBay, Yahoo oder Tesla, um nur einige zu nennen. Mit der globalen Digitalisierung brachte der Standort auch einige der reichsten Menschen der Welt hervor.

Superreiche Prepper wollen sich vor Katastrophen schützen

In den vergangenen Jahren wurden immer mehr Informationen über die Notfallpläne der Superreichen aus dem Silicon Valley bekannt. Anscheinend teilen viele von ihnen die Angst vor einem Systemzusammenbruch: vor Atomangriffen, Naturkatastrophen, bürgerkriegsähnlichen Zuständen, Pandemien, die Großteile der Menschheit ausrotten. Sie nutzen ihren Reichtum, um sich vor diesen Katastrophen zu schützen.

Und sie haben im Zuge der Corona-Pandemie ihre Notfallpläne aktiviert: Wie Bloomsberg kürzlich berichtete, mehren sich derzeit die Anrufe bei verschiedenen amerikanischen Herstellern von Untergrundbunkern. Ein Anrufer fragte nach der Kombination, die es ihm ermögliche, seinen Bunker zu betreten.

Bunker gehen bis zu 15 Stockwerke in die Tiefe

Der Firmenchef aus dem Silicon Valley, der privat in New York City wohnt, sei vor Corona nach Neuseeland geflohen. Andere Hersteller berichten von amerikanischen Klienten, die ihre bestehenden Bunker ausbauen wollen. Nachdem Neuseeland seine Grenze Mitte März dicht machte, berichten Lokalreporter zudem von einem Anstieg der Landungen von Privatflugzeugen im Land. Vor allem Waiheke Island, eine Insel der Reichen im Hauraki Gulf, etwa 18 Kilometer östlich von Neuseelands größter Stadt Auckland, hat es ihnen angetan.

„Niemand kennt die genaue Anzahl, aber wir haben bereits 38 Untergrund-Bunker in Neuseeland gebaut”, sagte Gary Lynch, Geschäftsführer vom texanischen Bunkerhersteller „Rising S” im Interview mit dem kanadischen Lifestyle-Magazin „Vice”. Die Bunker sind nicht nur mit Schlafzimmern, Küchen und Bädern ausgestattet. Einige gehen bis zu 15 Stockwerke tief in die Erde und beherbergen Heimkinos, Schwimmbäder, Bibliotheken, ärztliche Behandlungs- und Operationsräume, Schießstände und künstliche Parkanlagen.

Mindestens 20 Millionen US-Dollar Kosten

In einfacher Ausführung kosten sie zwischen 500.000 und 2,4 Millionen US-Dollar. Um sie zu wahren Luxusherbergen umzurüsten, sind mindestens 20 Millionen US-Dollar nötig, berichtet die amerikanische Nachrichten-Plattform „Business Insider” – nach oben ist der Preis offen. Von außen ist von dem Luxus nichts zu sehen, denn die Zugänge sind geheim, sagt Bunkerhersteller Gary Lynch. Sie befinden sich auf Wiesen oder in Wäldern, so dass sie selbst für ihre Besitzer nur schwer zu finden sind. Die versteckten Eingänge lassen sich nur aufspüren, wenn man die genauen GPS-Daten kennt.

Wer genau zu der Gruppe der superreichen Prepper gehört, ist nicht bekannt, denn die Bunkerhersteller schweigen sich naturgemäß zu den Namen ihrer Klienten aus. Amerikanischen Medienberichten ist zu entnehmen, dass Hedge-Fund-Manager Julian Robertson, Finanz-Guru Bill Foley und Titanic-Regisseur James Cameron ebenso Anwesen in Neuseeland besitzen wie ein Großteil der Firmenchefs aus dem Silicon Valley.

Superreiche fliehen nicht vor Corona

Der in Frankfurt am Main geborene PayPal-Gründer Peter Thiel sorgte jüngst für eine hitzige Debatte, weil er die neuseeländische Staatsbürgerschaft erhielt, obwohl er sich nur zwölf Tage im Jahr vor Ort aufhielt. Weiterhin ist bekannt, dass das Land im Südwestpazifik eigens für ausländische Investoren ein Visum eingerichtet hat: Wer eine Mindestinvestition von knapp sieben Millionen US-Dollar in Neuseeland tätigt, bekommt ein sogenanntes „Investor Plus”-Visum. Nach Bloomberg-Informationen gab es allein im Jahr 2017 – als Donald Trump US-Präsident wurde – 17 Bewerber aus den USA, in den Jahren zuvor durchschnittlich sechs.

Warum fliehen die amerikanischen Milliardäre eigentlich nach Neuseeland? Schließlich könnten sie sich vor Corona auch in ihren Villen und Anwesen in den USA schützen. Die Superreichen fliehen aber nicht vor dem Virus, sondern vor den wirtschaftlichen Nachwirkungen der Krise. „Wenn Dein Nachbar Kinder hat und diese Kinder sind hungrig, dann wird er alles in seiner Macht Stehende tun: von Dir stehlen, Dich töten, was auch immer”, erklärt Bunkerhersteller Gary Lynch.

Milliardär warnt vor „Heugabel-Revolution”

Nachdem sich in den vergangenen Wochen mehr als 30 Millionen Amerikaner arbeitslos meldeten, könnte den USA mit seinen löchrigen Sozialsystemen eine solche Krise nun bevorstehen. Der wirtschaftlichen Elite des Landes war dies anscheinend schon vor Monaten klar.

Einer dieser Superreichen, die eine solche Krise prognostizierten, ist Nick Hanauer, ein Risikokapitalist aus Seattle, der Anfang der 1990er Jahre zu den Erstfinanzierern des Online-Händlers Amazon gehörte. Schon 2014 beschrieb Hanauer in der amerikanischen Tageszeitung „Politico”, wie die zunehmende Ungerechtigkeit in der Vermögensverteilung in den USA irgendwann in die Katastrophe führen könnte.

Zu spät, um nach Neuseeland zu fliegen

Die Vereinigten Staaten, so Hanauer, entwickelten sich „rasend schnell von einer kapitalistischen in eine feudale Gesellschaft”. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann die Heugabel-Revelotion beginne: der Aufstand derer, die sich das normale Leben nicht mehr leisten könnten und nun mit Heugabeln auf die losgingen, die das System jahrzehntelang schröpften.

In dem Artikel warnt Hanauer seine „Zillionärs-Kollegen” eindringlich, sich für mehr Verteilungsgerechtigkeit einzusetzen. Denn „eines Tages”, so Hanauer, „zündet sich einer an, dann gehen Tausende auf die Straße und bevor Ihr Euch umsehen könnt, brennt das ganze Land. Und dann ist es zu spät für uns, in unsere Gulfstream Vs zu steigen und nach Neuseeland zu fliegen”.