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„Freisler-Double”

CDU empört über Vergleich mit Nazi-Richter

Greifswald / Lesedauer: 3 min

Harte Töne: Nach den gegensätzlichen Demonstrationen in Greifswald zum Thema Polizei hat nun Robert Gabel (Tierschutzpartei) den CDU-Politiker Sascha Ott als „Freisler-Double” bezeichnet.
Veröffentlicht:11.07.2020, 19:33

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Zwei Greifswalder, zwei Kreistagsmitglieder, zwei unterschiedliche politische Standpunkte: Zur hitzigen Debatte um Polizeigewalt hat Robert Gabel (Tierschutzpartei) nun den CDU-Politiker Dr. Sascha Ott als „Freisler-Double” in einem Kommentar auf der Nordkurier-Facebookseite beschimpft.

Nach Vorwürfen im Kommentarbereich, dass bei der Greifswalder „Pro-Polizei-Demonstration” vom Donnerstag auch Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung" und des "Flügels" der AfD mitgelaufen sind und dies vom Redner Sascha Ott ignoriert worden sein soll, schrieb Robert Gabel:

„Die Identitären wurden aber nicht aufgelöst; weder formal noch sonstwie. Und diese Neonazitruppe nahm an der CDU-Veranstaltung teil, die sowieso im wesentlichen vom Freisler-Double Sascha Ott geprägt war. Und mind. ein Ex-AfDler wurde auch gesehen. Ansonsten insgesamt eine traurige Veranstaltung und am Ende wurde die Natur verdreckt mit Luftballos. Eine Schande.”

Roland Freisler war einer der berüchtigtsten Juristen während des Nationalsozialismus und als Präsident des Volksgerichtshofs für seine Schauprozesse und Todesurteile berüchtigt. Der Gleichsetzung mit dem sogenannten „Blutrichter” Hitlers und dem Juristen Sascha Ott sorgte aber in den folgenden Facebook-Kommentaren für keinen Widerspruch.

Der Stralsunder Amtsgerichtsdirektor Sascha Ott ist Gründer des konservativen Kreises der CDU in Mecklenburg-Vorpommern und war zuletzt Anfang Juli wegen Aussagen zu Minderheiten und Nicht-Heterosexuellen öffentlich aufgefallen.

„So eine Diffamierung bisher selten erlebt”

Die CDU reagierte umgehend auf Gabels Facebook-Kommentar: „Einen demokratischen Juristen mit Freisler zu vergleichen ist unglaublich. So eine Diffamierung habe ich in meiner politischen Arbeit bisher selten erlebt“, erklärt das Greifswalder Landtagsmitglied Egbert Liskow (CDU) in einer Pressemitteilung. Bürgerschaftsmitglied Axel Hochschild hinzu: „Herr Gabel gibt sich gern tolerant, weltoffen und als Vorkämpfer für Freiheit und Demokratie. Nun demaskiert er sich einmal mehr als politischer Scharfmacher ohne Anstand und Moral.“

Robert Gabel hat dem Nordkurier gegenüber seinen Facebook-Kommentar bestätigt und will Sascha Ott nicht mit NS-Verbrechern gleichsetzen. Vielmehr sei sein Kommentar unter dem Eindruck entstanden, welchen Redestil Sascha Ott bei der Demonstration und im Kreistag verwendete, wo er sich beispielsweise gegen Minderheiten ausgesprochen hatte.

Diskussion über das Thema Polizei kocht in Greifswald hoch

Hintergrund der Beleidigung sind die Diskussionen über Polizeigewalt weltweit und auch in Greifswald. Am Donnerstag zogen in der Kreisstadt dazu zwei gegensätzliche Demonstrationen durch die Stadt: Knapp 100 nach einem Aufruf linker Gruppen unter dem Motto „Rassismus tötet. Überall.” an einer Stelle in der Altstadt. Sie bezogen sich auf den Tod des US-Amerikaners George Floyd durch einen Polizisten und wollen dazu auch Aufmerksamkeit für Getötete durch Polizeigewalt nicht nur in den USA schaffen. Dazu soll eine Debatte über Rassismus in „staatlichen Institutionen”, wie Justiz, Bundeswehr, Verfassungsschutz und Polizei, stattfinden.

Dagegen zogen danach rund 70 andere Demonstranten vom Greifswalder Markt zum Theater. Die unterschiedlichen Demonstrationen mit Polizeibezug am selben Tag sorgten teils für Verwirrung. Die Aktion stand unter dem Motto „Greifswald sagt Danke, Polizei gibt Sicherheit.” Sie richtete sich gegen mehrere polizeifeindliche Aktionen in der Universitätsstadt. So hatten Unbekannte, die in der linksextremen Szene vermutet werden, im Juni einen Farbanschlag auf ein großes öffentliches Plakat verübt, auf dem der Polizei für ihren Einsatz gedankt wurde. Auch wurde ein Brandsatz von Unbekannten auf das im Bau befindliche neue Polizeirevier in der Greifswalder Burgstraße geworfen.

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