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Einst flop, jetzt top

Die verschmähten Motorräder sind heute beliebt

Stuttgart / Lesedauer: 4 min

Nicht immer ist neuen Modellen ein Verkaufserfolg beschieden. Häufig verschwinden innovative oder optisch ausgefallene Bikes sang- und klanglos wieder vom Markt – um später als Renner am Gebrauchtmarkt wie Phönix aus der Asche zu steigen.
Veröffentlicht:21.08.2014, 20:26
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Mit Innovationen ist es so eine Sache. Oft sorgen die alleine nicht dafür, dass ein Produkt wirklich erfolgreich wird. Auch Motorradbauer mussten das immer wieder schmerzvoll erfahren. Manch ein innovatives Modell war zu teuer oder falsch auf dem Markt positioniert – und gehört heute gerade wegen der Eigenheiten zu den gesuchten Modellen. Die geringen Stückzahlen sorgen für hohe Preise.

Zu den gleichermaßen kuriosen wie innovativen Fahrzeugen gehörte der Motorroller C1, den BMW im Jahr 2000 auf den Markt brachte. Ob seiner optisch eigentümlichen Konstruktion mit einem kabinenähnlichen Dach musste der Scooter viel Spott und Häme über sich ergehen lassen. „Der Grund für den Misserfolg war aber der zu hohe Preis“, sagt Klaus Herder, ehemaliger Besitzer eines C1. Knapp 10 000 D-Mark für das spärlich ausgestattete Basismodell waren viel Geld für einen Roller.

Dabei stellte BMW mit dem C1 ein wegweisendes Konzept für einen City-Scooter auf die Räder. Denn wegen der Sicherheitszelle mit Überrollbügel und Anschnallgurt auf dem Fahrerplatz entfiel auf vielen Märkten die Helmpflicht. Der Sozius musste mit Helm auf dem rückwärtigen Sitz außerhalb der Kabine Platz nehmen – sofern dort nicht eine Transportbox montiert war.

BMW K1: kantiges Design war nicht gefragt

Laut BMW sollte der Roller die Verkehrsraum-Effizienz eines Einspurfahrzeugs mit dem Sicherheitsniveau eines modernen Kleinwagens kombinieren. Doch die Verbraucher erteilten dem „Kabinenroller“ eine Absage. Heute müssen sich Rollerfans Preise von bis zu 6000 Euro für Top-Exemplare gefallen lassen.

Herder hat ein Herz für die Außenseiter ihrer Zeit. Gleich drei BMW K1 nannte er ebenfalls sein Eigen, eine davon hat er sogar neu erworben. „Damals war BMW noch eine stockbiedere Marke“, erinnert sich der Motorradfan. Das sportlich angehauchte Modell wurde 1988 auf der Zweiradmesse IFMA in Köln präsentiert. „Die konservative BMW-Kundschaft hätte das Ding nicht mit der Pinzette angefasst“, so Herder. Das kantige Design, der tief ins Rad gezogene Frontfender und die Lackierung passte so gar nicht ins damalige Modellportfolio.

„Damals wollte sie keiner, heute ist man am Motorradtreffpunkt der König mit dem Teil“, sagt Herder. Heute werden auf dem Gebrauchtmarkt Preise zwischen 3000 Euro für verbastelte Maschinen und 7000 Euro für sehr gute Exemplare fällig.

Damals verkannt und heute teuer gehandelt

Ebenfalls in ein Metier vorgewagt, das die Kunden nicht so recht goutieren wollten, hat sich Willie G. Davidson 1977. Der frisch gebackene Chefdesigner der Marke Harley-Davidson entwarf die im sportlichen Café-Racer-Stil gehaltene XLCR 1000 praktisch in Eigenregie.

Das langgezogene Heck des komplett schwarzen V2-Bikes, die auffällige Auspuffführung, die sportive Cockpitverkleidung und die Gussräder unterschieden sich im Styling stark von allem anderen, was die US-Marke im Programm führte. Aber gerade einmal 3233 Exemplare verließen die Werkshallen in Milwaukee. Heute wissen die wenigen Fahrer einer XLCR im Originalzustand, dass sie einen seltenen und teuren Exoten besitzen. Die Preise für gut erhaltene Exemplare beginnen bei 15 000 Euro.

Ein Traum für Freunde unverkleideter, sogenannter Naked Bikes mit bulligem V2-Motor ist auch die Yamaha TR1. Zu ihrer Bauzeit wollten sie gerade einmal 2200 Käufer haben. „Die 1000er hat Yamaha bei ihrer Markteinführung 1981 als Sportmaschine angepriesen“, erinnert sich Markus Biebricher, der bereits seine dritte TR1 besitzt. „Diesen Ansprüchen wurden weder Fahrwerk noch Leistung gerecht“, so der Motorradfan. Pfiffig war beispielsweise die Rahmenkonstruktion: Nach dem Lösen der Schraubverbindungen am mittragenden Motor ließ sich die Yamaha in zwei Teile zerlegen. „Das Drehmoment aus ganz tiefen Drehzahlen begeistert V2-Liebhaber heute noch“, sagt Biebricher. Bis zu 4000 Euro werden für gute Exemplare fällig.